Nikolaus-Aufklärung

■ Familien-Marathon: Wer enttarnt Papa zu erst? Ein erschütternder Aufklärungsbericht

Das ist Aufklärung. Erschütternd harte Aufklärung – wenn man lernen muss, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Das mit dem hoppelnden Hasen im Frühjahr war ja schon immer reichlich merkwürdig. Aber der nette alte Mann mit weißem Bart? Der sogar auf Weihnachtsmärkten seinen Dienst tut und am 24. Dezember sogar nach Hause kommt?

Schlimmer noch, wenn man rausfinden muss, dass der nette alte Mann mit weißem Bart kein fiktives Fabelwesen ist, dem man verfallen war. Sondern – schlimmer – der eigene Papa. Den man einfach nicht erkannt hat bei der Maskerade.

Mein Vater ist Berufsnikolaus. schon seit 40 Jahren. Seitdem ist es Familiensport, zu rätseln und zu zählen, wann die kids und Enkelkids so pfiffig sind und ihren (Grand-) Pa erkennen – trotz Bart und Hut und Brille.

Bei mir hat das ganze sechs Jahre gedauert. Nach immerhin zwei Anläufen, bei denen ich an seiner Enttarnung messernah dran war. Mit vier Jahren kam die erste Gegenüberstellung: Auf einer Groß-Nikolaus-Veranstaltung im Kino. Kurz vorher war Papa noch da, dann war er plötzlich weg. Dafür kam der nette alte Mann mit weißem Bart. „Duuuu“, fragte ich: „Weißt Du eigentlich, wo mein Papa ist?“ Er wußte es nicht. Zumindest sagte er nichts. Seine Kollegen sollen sich im Hintergrund halb schlapp gelacht haben. Und ich – ich habe nichts von all dem bemerkt.

Das Jahr darauf war besser. Zwar immer noch knapp daran vorbei. Aber diesmal erspähte ich, dass der Nikolaus die gleichen Schuhe an hatte wie mein Vater. „Nikolaus“, traktierte ich ihn mit den knallharten Fakten: „Du hast die gleichen Schuhe an wie mein Papa.“ Und überhaupt hatte er keine eigenen Schuhe, ärgerte ich mich. Der Groschen ist leider immer noch nicht gefallen. Mein Papa sagte damals wieder nichts. Seine Kollegen sollen sich wieder halb tod gelacht haben. Die Betriebs-Weihnachtsfeiern schienen über Jahre hinaus lustig zu werden.

Von da an muss er in den Folgejahren besser aufgepasst haben als Berufsvater und Gelegenheits-Nikolaus. Immer andere Schuhe und andere Socken für die Vorstellung. Bloß die Uhr ab. Keine weiteren Indizien liefern.

Die Enttarnung kam schließlich doch: Ganz ohne Gegenüberstellung. Sogar ohne Anlass. Mitten im Sommer traf es mich im Schwimmbad (warum auch immer) nämlich wie ein Schlag. „Duuuuu“, fragt ich meine Schwester: „Ist Papa eigentlich der Nikolaus?“ Tja. Weißt Du's endlich, war die Antwort. Erschütternd. Seitdem, ja seitdem passe ich auch auf, wer in der family in welchem Alter was bemerkt bei Papa Nikolaus. pipe