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Osttimors Folterer sollen büßen

Menschenrechtsverletzungen müssen vor Gericht gestellt werden, fordert Ex-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger

Berlin (taz) – Wer in Osttimor gemordet, gefoltert oder vergewaltigt hat, gehört vor Gericht gestellt. Das fordert laut der ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einhellig die von UN-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte UN-Kommission zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Osttimor. Zum Jahresende wollen deren Mitglieder ihren Bericht vorlegen. Eine Woche nach ihrer Rückkehr aus Osttimor und Indonesien gab gestern die FDP-Bundestagsabgeordnete, die als einzige Europäerin der fünfköpfigen Kommission angehört, in Berlin einen Einblick in die Erkenntnisse der Juristengruppe.

In Osttimor habe bereits vor dem Unabhängigkeitsreferendum am 30. August „eine geplante und systematische Kampagne zur massiven Einschüchterung der einheimischen Bevölkerung“ stattgefunden, so Leutheusser-Schnarrenberger. Nach dem Referendum, bei dem sich 80 Prozent für die Unabhängigkeit von Indonesien entschieden, habe es „willkürliche Gewalttaten bis hin zu Vergewaltigungen und Massakern“ gegeben. Große Bevölkerungsteile seien intern vertrieben und mehr als 200.000 Menschen nach Westtimor deportiert worden. Die Infrastruktur Osttimors sei „systematisch und landesweit zu etwa 70 Prozent zerstört worden“. Die Aufarbeitung der Verbrechen werde dadurch erschwert, dass es in Osttimor keine Rechtsstrukturen mehr gebe.

Zwar lobte die Politikerin die indonesische Menschenrechtskommission, die zum Beispiel den Transport von Leichen von Ost- nach Westtimor nachgewiesen habe. Doch sei eine umfassende Aufarbeitung der Verbrechen in Indonesien unmöglich: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Zeuge aus Osttimor in Jakarta vor Gericht aussagt.“ Um die Täter aus Kreisen proindonesischer Milizen und des indonesischen Militärs vor Gericht stellen zu können, müsse es „eine internationale Komponente“ geben. Welcher Art, wollte die FDP-Politikerin nicht sagen, um nicht dem Bericht an den UN-Generalsekretär vorzugreifen.

Eine Quantifizierung der Menschenrechtsverletzungen und der Opfer lehnte Leutheusser-Schnarrenberger ab. „Es verbietet sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt, eine exakte Zahl abzugeben.“ Es gebe keine Massengräber mit hunderten von Leichen, aber zunehmend würden „Gräber mit fünf, sechs, zehn oder fünfzehn Leichen und Leichenteilen“ gefunden. Dies war auch gestern der Fall, als Taucher sechs Leichen aus einem See bei Liquica bargen. Die FDP-Politikerin bezeichnete es als „leichtfertig“ zu behaupten, es hätte nicht mehr als mehrere hundert Tote gegeben. Dies hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Neumann vergangene Woche gesagt und sich dabei auf den Unabhängigkeitsführer Xanana Gusmao berufen.

Von der Bundesregierung verlangte Leutheusser-Schnarrenberger Druck auf Indonesien, damit Flüchtlinge in Westtimor, die in den Osten zurückkehren wollten, dies auch tun könnten. Außerdem müssten jene Kräfte in Indonesiens Regierung unterstützt werden, die verantwortliche Militärs vor Gericht bringen wollten. Mittel, die durch den voraussichtlich im Januar endenden Bundeswehreinsatz in Osttimor frei würden, sollten nicht eingespart, sondern für den Wiederaufbau des Landes eingesetzt werden. Sven Hansen

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