: Kein Andrang
■ Ausländerbehörde rechnet nicht mit vielen zusätzlichen Einbürgerungen
Die Ernüchterung folgt der Euphorie auf dem Fuße. Als „Durchbruch“ feierte Schleswig-Holsteins Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) jüngst das neue Staatsangehörigkeitsrecht, das gestern in Kraft trat. Als „wichtigen Schritt für die bessere Integration“ lobte Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) das Gesetzeswerk. Der Sprecher der Hamburger Ausländerbehörde, Norbert Smekal, kann darüber nur verwundert den Kopf schütteln. Denn die Hürden, die AusländerInnen nehmen müss-ten, um einen deutschen Paß zu bekommen, seien nicht niedriger geworden, erinnert er nüchtern. Der prognostizierte Andrang in den Behörden sei gestern entsprechend ausgeblieben.
Verändert habe sich allein der zeitliche Rahmen, in dem AusländerInnen die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen können: Erwachsene MigrantInnen haben jetzt nach acht Jahren einen Anspruch auf Einbürgerung, vorher waren es 15 Jahre. Und die Kinder von AusländerInnen mit festem Aufenthalt, die hier geboren werden, bekommen zunächst zusätzlich den deutschen Pass.
Darüber hinaus hätte die rot-grüne Bundesregierung, die das neue Staatsangehörigkeitsrecht als einen der ersten Regierungsakte erließ, die Bedingungen zum Teil sogar noch verschärft.
Bisher hätte eine Einbürgerung 100 Mark gekostet. Ab jetzt müssen MigrantInnen 500 Mark dafür bezahlen. Außerdem müssen sie deutsche Sprachkenntnisse vorweisen. Zwar verzichten Hamburg und Schleswig-Holstein darauf, den MigrantInnen ein schriftliches Diktat abzuverlangen. Stattdessen aber müssen sie den SachbearbeiterInnen in den Ausländerbehörden einen deutschen Zeitungsartikel vorlegen und zusammenfassen können.
Das Interesse von AusländerInnen an einem deutschen Pass, so das Fazit von Smekal, werde durch die neuen Regelungen nicht deutlich steigen. In den vergangenen Jahren hätten in Hamburg durchschnittlich zwischen 7000 und 8000 AusländerInnen die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt. Das neue Recht werde maximal 3000 zusätzliche Einbürgerungen pro Jahr mit sich bringen – obwohl rund 195.000 AusländerInnen schon länger als acht Jahre in Hamburg leben. Elke Spanner
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