Jetzt kann nur noch Boris helfen

■ Nach seinem Ausscheiden bei den Australian Open gegen den Marokkaner El-Aynaoui hofft Thomas Haas auf den Beistand des welterfahrenen Ex-Teamchefs Boris Becker

Berlin (taz) – Die Gegensätze konnten kaum größer sein beim Zweitrundenmatch der Australian Open in Melbourne. Auf der einen Seite des Netzes stand Thomas Haas, ehemaliges Tennis-Wunderkind und mit Hilfe von Sponsoren schon als Zwölfjähriger in die Tennis-Akademie des Nick Bollettieri in Bradenton, Florida aufgenommen. Auf der anderen Seite Younes El-Aynaoui. Der Marokkaner war auch bei Bollettieri. Allerdings konnten sich die Eltern des damals 17-Jährigen nur eine Woche leisten. El-Aynaoui blieb dennoch acht Monate, musste dafür jedoch arbeiten. Die Akademie gab dem Talent aus dem Norden Afrikas einen Job, damit er die Ausbildung zum ersten Tennisprofi seines Heimatlandes finanzieren konnte. Sehr zum Leidwesen seiner Eltern, die, bis ihr Sohn in die Welt zog, um den Schläger zu schwingen, nicht mal von John McEnroe gehört hatten und alles versuchten, dem Sprössling seine absurde Idee auszureden.

Inzwischen folgten mit Hicham Arasi und Karim Alami, nächster Gegner von Nicolas Kiefer, zwei weitere Marokkaner dem Vorbild des mittlerweile 28-Jährigen, und alle erreichten in Melbourne die dritte Runde. „Das ist großartig für Marokko“, freute sich El-Aynaoui, nachdem er gestern den von vielerlei Problemchen geplagten Haas bezwungen hatte. „Er ist ein exzellenter Spieler“, sagte der 21-Jährige nach seiner 5:7, 3:6, 3:6-Niederlage gegen den Marokkaner, verwies aber auch auf seine lädierte Hüfte, schmerzende Rippen sowie unbotmäßiges Schlägermaterial. „Das ist ein wenig blöd“, beurteilte er sein Ausscheiden und äußerte die Hoffnung, dass ihm künftig Boris Becker als Berater zur Seite stehen möge. „Boris wird mir bestimmt gern helfen“, erklärte er hoffnungsvoll, beim Davis-Cup Anfang Februar in Leipzig will er sich mit dem gescheiterten Teamchef zusammensetzen.

Mit Haas, dem Ecuadorianer Nicolas Lapentti und dem Schweden Thomas Enqvist sind in Melbourne bereits drei der Halbfinalisten von 1999 ausgeschieden, nur der Titelverteidiger Jewgeni Kafelnikow hält noch stand. Der Russe bezwang in der zweiten Runde Daniel Vacek aus Tschechien mit 6:3, 6:0, 6:1 und trifft nun auf den Österreicher Stefan Koubek. Für Kafelnikow heißt der große Favorit dieser Australian Open Pete Sampras, dessen Aufschlag höchstens Andre Agassi durchbrechen könne. Der würde im Halbfinale auf Sampras treffen. Keinen Zweifel lässt der Russe daran, wer für ihn der Favorit auf den anderen Finalplatz ist: Jewgeni Kafelnikow.

Australiens Tennisfans sehen das ganz anders. Für sie gibt es nur einen Anwärter auf die Finalteilnahme: Ihren Landsmann Lleyton Hewitt, Weltranglistenerster und momentan heißester Spieler der Tour. Zwölf Matches in Folge ist der 18-Jährige unbesiegt, die Turniere in Adelaide und Sydney hat er zuletzt gewonnen. Gestern fegte er den Spanier Alex Corretja, ATP-Weltmeister 1998, mit 6:0, 6:0, 6:1 vom Platz. „Wenn ich gewusst hätte, dass ich in die Geschichte eingehen kann“, so Corretja, „hätte ich es vielleicht versucht.“ Noch nie hat ein Spieler bei den Australian Open ein Match ohne Spielgewinn beendet.

„Wahrscheinlich habe ich noch nie besser gespielt“, freute sich Hewitt, der im Viertelfinale auf Nicolas Kiefer treffen könnte. Der 22-Jährige setzte sich gestern souverän gegen den deutschen Brasilianer Tomas Behrend durch. Im Halbfinale würde auf den Sieger möglicherweise Kafelnikow warten, der sich mit beiden schon verbissene Duelle, auch der verbalen Art, geliefert hat. „Ich würde gern gegen Hewitt im Halbfinale spielen“, begrüßt der Russe die Aussicht, alte Feindschaften erneuern zu können, „das wäre wunderbar.“

Matti/Max