: Frauen sind enttäuscht von leeren Worten
■ SPD und CDU legen einen gemeinsamen Entwurf zum Schutz geprügelter Frauen und Kinder vor: Dabei gibt es viele warme Worte zu unklaren Absichten
Seit Monaten feilen – insbesondere Frauen aus – SPD und CDU an einer Initiative, die Opfer von „häuslicher“ Gewalt besser schützen sollte. Nach österreichischem Vorbild war dabei bisher die Rede vor allem von der erleichterten „Weg-Weisung“, wonach (Ehe-) Männer, die Frauen und Kinder schlagen oder quälen, einfacher der Wohnung verwiesen werden sollten. Jetzt liegt erstmals ein gemeinsamer Antrag von CDU und SPD für die Bürgerschaftssitzung in dieser Woche vor. Nach Ansicht vieler Beobachterinnen erfüllt er bei weitem nicht die Erwartung, dass Opfer sogenannter „häuslicher“ Gewalt künftig besser geschützt würden.
Anlass für die Initiative der Regierungsfraktionen, die juristische Expertinnen als folgenlosen Wischi-Waschi-Antrag bezeichnen (siehe Interview unten), ist die von rot-grün auf Bundesebene angekündigte Offensive gegen Männergewalt. Dieser sollte auf Länderebene im Zuge der anstehenden Novellierungen der Polizeigesetze eine Entsprechung folgen. In Bremen hatte es innerhalb der großen Koalition daraufhin Versuche gegeben, einen „Deal“ zu vereinbaren. Dabei war erwogen worden, die CDU-Forderung nach einem verschärften Platzverweis im Polizeigesetz gegen die SPD-Absicht einer verbesserten Weg-Weisung von Schlägern aus der gemeinsamen Wohnung mit seinen Opfern zu verhandeln. Während über den Entwurf zum Polizeigesetz noch verhandelt wird, gab die SPD im jetzt vorliegenden Antrag „Schutz vor Gewalt im häuslichen Bereich“ beider Fraktionen ihre früheren Positionen weitgehend auf, die sie zuvor medienwirksam hatte zirkulieren lassen.
Noch im November hatte die Bremer SPD-Fraktion „wirksame Eingriffbefugnisse“ gegen brutale Väter und (Ehe-)Männer gefordert und sich dabei ausdrücklich auf Schutzanordnungen bezogen, „die sich in Österreich seit zwei Jahren bewährt“ haben. Der jetzt vorgelegte Antrag ist dagegen lahm. Danach soll der Senat „prüfen“, wie „Gefahrenabwehr im häuslichen Bereich“ geschehen kann – nachdem Krisenintervention und andere nicht näher definierte Maßnahmen keinen Erfolg hatten. Das österreichische Vorgehen, das schlagende Männer befristet aus dem Lebensbereich ihrer Opfer verbannt und zugleich ein Paket an Hilfsmaßnahmen vorhält, wird – ohne jede positive Wertung – nur erwähnt: „In die Überlegungen (des Senats, d.R.) sollen Erfahrungen mit Österreich einbezogen werden“, heißt es. Im gemeinsamen Antrag ist auch die frühere SPD-Sicht, dass „die private Wohnung kein rechtsfreier Raum sein könne“, weitgehend vom Tisch. Stattdessen wird betont, dass die grundsätzliche Nichteinmischung des Staates in private und partnerschaftliche Angelegenheiten zu beachten sei. Auch von der ursprünglichen SPD-Auffassung von einer „Dringlichkeit des Problems“, die Aufenthaltsverbote gegen die Täter auch mittels gerichtlicher Eilverfahren forderte, blieb nicht mehr übrig als ein allgemeiner Appell.
Praktikerinnen zeigten sich bereits jetzt vom Entwurf enttäuscht. So kritisieren Kinderschutz-Zentrum und AWO-Frauenhaus, dass der im Entwurf allgemein erwähnte Präventionsgedanke durch die Praxis der bevorstehenden Haushaltskürzung erneut ausgehebelt werde. „Die meisten Frauen, die zu uns kommen, haben schon als Kinder Gewalt erlebt“, heißt es im Frauenhaus. Um den Gewalt-Kreislauf zu durchbrechen, sei neben einer wirkungsvollen Gesetzgebung auch die sozialpsychologische Betreung von geschlagenen Frauen und Kindern notwendig. Genau dort aber stünden weitere Einsparungen ins Haus. Derweil dringen erste Gerüchte aus dem Ressort von Frauen- und Sozialsenatorin Hilde Adolf – wonach Finanzexperten bereits mit gespitztem Bleistift kalkulieren, inwieweit eine erleichterte Wegweisung schlagender Ehemänner es erlauben würde, Plätze in Frauenhäusern zu streichen und so Kosten zu sparen.
ede
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen