piwik no script img

Das Geheimnis

Politik schlägt uns seit Tagen

auf den Magen, und wir fragen

uns vor allen Dingen dies:

Woher hat Herr Kohl den Kies?

Gerne wollen wir auch wissen:

Warum schweigt er so verbissen?

Macht er – weil das bisschen Geld

Er für nichts als Peanuts hält –

wieder einen Sitzfleischtest?

Oder schmiedet eisern fest

er den Mythos „Übermann“,

der aus Treue schweigen kann.

Treue . . . doch zu wem denn nur?

Bleibt er etwa deshalb stur,

um den Spender der Millionen

vor dem Zugriff zu verschonen?

War das Ganze gar am Ende

eine Schwarze-Kassen-Spende?

Wollt’ das Geld man in den Maschen

seiner Hosentaschen waschen?

Viel zu einfach und wahrscheinlich.

Phantasie, sei nicht so kleinlich!!

Ham die Saudis ihn bestochen?

Hat er denen Bonn versprochen?

War es Thyssen? War es Schreiber?

Warn’s die Atomarbetreiber?

War es – das wär wirklich schön –

Schmieröl von Elf Aquitaine,

Darauf sind die – hui, das flutscht –

gleich bis Leipzig durchgerutscht.

Halt mal! Leipzig, Dresden, Mauern . . .

Phantasie, du machst mich schauern!!

War . . . (welch ein Gedankenpfad)

Helmut Kohls Jahrhunderttat,

war . . . der Mauerfall, der rasche,

gar ein Deal von Tasch zu Tasche?

Gab’s ihm der Gorbi nur mal so

irgendwo im Herrenklo?

Steckt’s ihm Golodkowski, Schalcken

heimlich auf dem Donnerbalken?

Neinneinnein, du liebe Zeit . . .

Phantasie, du gehst zu weit!!

Sicherlich war die Geschichte

eine kleine, eine schlichte

ganz private Transaktion:

Er stibitzte die Million

seiner Hannelore keck

aus dem schönen Schrankversteck,

wo das Geld seit Jahr und Tag

unter ihrer Wäsche lag.

Und wer tritt das schon gern breit?

Diese letzte Möglichkeit

scheint mir die wahrscheinlichste,

aber auch die peinlichste.

Darum kann ich – so gesehen –

Kohls Verschwiegenheit verstehen.

Klaus Pawlowski

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen