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Solar-Konjunkturprogramm in Bremen?

■ Die Bremer Solarinitiative hatte zu ihrem ersten Geburtstag den Träger des alternativen Nobelpreises von 1999 zu Gast

„Unverantwortlich und kriminell“ nennt er die Liberalisierung des deutschen Strommarktes – starke Worte für einen, der wie Hermann Scheer (SPD) Bundestagsabgeordneter einer Regierungspartei ist. Aber die Dumping-Preise der Stromanbieter, die nicht für die Folgekosten der Stromerzeugung aufkommen müssen, treiben ihm die Zornesröte ins Gesicht. Mittelfristig, da ist er sicher, wird die Liberalisierung zu einer Konzentration auf vielleicht drei bundesweite Stromgiganten führen. Die werden sich dann mit aller Macht gegen den Prozess stemmen, den Scheer in seinem neuen Buch als ebenso dringend notwendig wie unausweichlich darstellt: Das allmähliche Verschwinden der fossil-atomaren Energieversorgungswirtschaft zu Gunsten dezentraler Erzeugung erneuerbarer Energien.

Jedes Jahr, rechnet der Träger des alternativen Nobelpreises vor, entstehen pro Kopf Energiekosten in Höhe von 4.200 Mark. Ein Problem vor allem für die Städte, aus denen dieses Geld abfließt, weil sie ihre Energie weitgehend „importieren“. Würde sie dagegen mit Windrädern und Solaranlagen in den Städten selbst produziert, bliebe das Geld im städtischen Wirtschaftskreislauf. Das käme einem historisch beispiellosen Wirtschaftsförderprogramm gleich – für Bremen in Höhe von etwa zwei Milliarden Mark. Damit diese Prognose „in dreißig bis vierzig Jahren“ eintritt, müsste ab sofort konsequent auf erneuerbare Energien gesetzt werden – die Strommarkt-Öffnung war ein Rückschlag.

In Bremen ist dennoch ein bescheidener Anfang gelungen: Etwa 250 Solaranlagen auf Privathäusern wurden vom Land Bremen mit bis zu 2.000 Mark gefördert. 74 von ihnen gehen auf die Solar-Aktionswochen '99 der Bremer Solarinitiative zurück. Das Bündnis aus 23 Organisationen will die Aktion im zweiten Jahr des Bestehens wiederholen. Außerdem werden wieder „Solartouren“ zu bestehenden Anlagen und Fortbildungen für Handwerker angeboten. not

Hermann Scheer: Solare Weltwirtschaft. 42 Mark.

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