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Themenläden und andere Clubs„Krchkrchkrchkrch! Das kitzelt!“

Ernie lacht, und Glogowski trinkt Champagner: Bargespräche

Sitzen zwei Frauen am Restauranttisch und unterhalten sich. Sagt die eine: „Hast du dich früher auch immer so mit Heidi identifiziert?“ Sagt die andere: „Ja, total, ich habe sogar extra superviel Ziegenkäse gegessen.“ – Das war jetzt kein Witz, wäre auch unter meinem Niveau, witzemäßig, hoffe ich jedenfalls, fragen Sie dazu lieber meine Freunde. Das war eine ehrlich und wahrhaftig selbst erlebte Situation. Die beiden weiblichen Heidi-Fans waren in meinem Alter (also blutjung) und haben das mit dem Käse und der Identifikationsfigur todernst gemeint. Danach haben sie noch mindestens eine halbe Stunde über die starke Frauenrolle Heidi, die so selbstbestimmt und feministisch daherkommt, geredet. Bis ich es nicht mehr ausgehalten habe und weggerannt bin.

Johanna Spoerri – eine Feministin? Mit DEM Namen? Spoerri? Heidi, die im Zeichentrickfilm mit weit aufgerissenen, tränenglänzenden Augen auf ihren Stummelbeinchen Schwänli und Bärli hinterherhetzte? Die so gar nicht unter der unzweifelhaft inzestuösen Beziehung mit dem Alm-Öhi litt? Über die man früher, wenn man witzig sein wollte, den Spruch brachte „Heidi liegt mit Ziegenpeter im Bett“? (Sie wissen hoffentlich, dass Ziegenpeter eine Bezeichnung für Mumps ist, sonst funktioniert der Spruch nicht.) Heidi ist eine abgefuckte, zu bedauernde, den Männern treu ergebene Dienerin. Spinnert sind die Menschen heutzutage. Besonders am Abend.

Aber wie will man das unfreiwillige Mithören fremder Gespärche verhindern? In Bars ist es glücklicherweise oft zu laut, trotzdem kann es einem passieren, dass man in der Toilettenschlange Zeugin von Gesprächen wird. (Merke: in guten Kneipen ist nie eine Schlange vor dem Frauenklo, weil nämlich kaum Frauen da sind. Nur Männer. Natürlich lasse ich auch andere Meinungen darüber gelten, was eine gute Kneipe ausmacht.) Zum Beispiel dieser Art von „Hey!“-„Heeey!!“-Gesprächen, wobei das zweite „Heeey!!“ in einer höheren Stimmlage und mit einem kieksigen Mittelpunkt ausgerufen wird. Und dann folgen endlose „Was machstn du?“-“Toll!!“-Pingpong-Nichtigkeiten.

Bei kieksigem Mittelpunkt und Mithören fällt mir ein: Kennen Sie den Kitzel-mich-Ernie? Eine Ernie-Stoffpuppe, die, wenn man sie untenrum bzw. bauchwärts berührt, sagt: „Krchkrchkrchkrch! Das kitzelt!“ Und die zweite Hälfte von „kitzelt“ ist betont und liegt tonal höher als die erste. Ein Fick-mich-Bert ist (auf Anfrage) leider nicht in Planung. Können Sie noch? Gut. Ich auch.

Jetzt noch was Kurzes zum Thema „abgefuckt“: Neulich Nachmittag musste ich im strömenden Regen, graugesichtig und verquollen, bekleidet mit einem lila Abendkleid und einer Pelzjacke, eine Aldi-Plastiktüte voll leerer Champagnerflaschen in den Glascontainer schmeißen. Also eine nach der anderen, jedesmal zusammenzuckend ob des fiesen Geräuschs und meiner Koppbiene. Und da wäre ich gerne aus meiner Haut geschlüpft, um im Auto an mir und dem Altglascontainer vorbeizufahren und zu denken: Was ist denn das für eine Puffmutti nach dem Besuch von Glogowski?

Vielleicht ist ja eine/r von Ihnen vorbeigefahren und hat das gesehen bzw. gedacht. Aber das war keine Puffmutti, das war ich. Und ich hatte den Champagner auch nicht mit Glogowski (Ex-Niedersachsen-MP, Sie wissen schon) getrunken, ich schwör’s. Obwohl der doch jetzt so viel Zeit hat, und ein rechter Schluckspecht ist er auch.Jenni Zylka

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