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Die UNO verlässt ihr Exerzierfeld

Nach fast zwei Jahren endet heute die UN-Blauhelmmission in der Zentralafrikanischen Republik. Sie war ein Testlauf für die UNO

Es gibt nicht nur schlechte Soldaten, sondern auch gute, und eine gute UN-Mission ist besser als eine schlechte Regierung.

Berlin (taz) – Die UN-Blauhelmmission in der Zentralafrikanischen Republik geht heute zu Ende, und glücklich ist darüber niemand: weder die Regierung, die vergeblich eine Verlängerung bis Ende 2000 gefordert hatte, noch die Opposition, die autoritäre Tendenzen einer ohne internationale Kontrolle agierenden Regierung fürchtet.

Die Geschäftswelt der Hauptstadt Bangui, die ihre zahlungskräftigsten Kunden verliert, trauert ebenso wie die lokalen Mitarbeiter des UN-Rundfunksenders „Radio Minurca“, die bis dato unerreichte technische und journalistische Standards in die unterentwickelte zentralafrikanische Medienlandschaft einführen konnten.

Seit April 1998 sicherte die UNO mit zeitweise 1.300 Blauhelmsoldaten den Frieden in der Zentralafrikanischen Republik – ein von Konflikten zwischen Milizen zerrissenes Land, in dem es kaum Infrastruktur gibt und keine allseits anerkannte staatliche Autorität.

Dass der Frieden erhalten blieb, obwohl die Zentralafrikanische Republik von den Kriegsherden Sudan, Demokratische Republik Kongo und Kongo-Brazzaville umgeben ist, war die wichtigste Leistung der UNO und zählte mehr als alle technischen Mängel bei den UN-überwachten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen der Jahre 1998 und 1999.

Um so mehr Sorgen verbinden sich jetzt mit dem Abzug der Blauhelme. Die UNO wird zwar ein Büro in der Hauptstadt Bangui erhalten und versuchen, einige Projekte auf neue Geldgeber zu übertragen. Aber wer sorgt dafür, dass Präsident Ange-Felix Patassé das erst im Januar unterzeichnete Dekret zur Auflösung seiner gefürchteten Präsidialgarde umsetzt, statt seine Truppe gegen Oppositionelle loszuschicken?

Und wer hindert die Oppositionspolitiker, deren Anhänger die mit der Präsidialgarde rivalisierende reguläre Armee des Landes beherrschen, daran, zu Meuterei und Putschversuch zu blasen wie schon 1996–97? Nach wie vor sind 40 Prozent der leichten und 5 Prozent der schweren Waffen, die 199697 aus Armeelagern gestohlen wurden, noch im Umlauf.

Es liegt in der Logik des UN-Einsatzes, dass er jetzt endet, bevor die Dauerhaftigkeit des Friedens gesichert ist. Der Einsatz der UNO in der Zentralafrikanischen Republik war nicht der Bedeutung des Landes geschuldet. Er diente der Selbstvergewisserung der UNO in Afrika, nach den Desastern von Somalia und Ruanda doch eine nützliche Rolle finden zu können.

Die Zentralafrikanische Republik war Exerzierfeld für schwierigeres Terrain. Zum Beispiel: Sierra Leone, Schauplatz der heute größten UN-Mission Afrikas, die vom bisherigen Leiter der UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik, Oluyemi Adeniji, geleitet wird. Oder sogar die Demokratische Republik Kongo. In solchen Bürgerkriegsländern wird es der UNO viel schwerer fallen, ihren eigenen Maßstab des Erfolges in der Zentralafrikanischen Republik zu wiederholen: Nämlich die lokalen Politiker daran zu hindern, friedensgefährdende Dinge zu tun. Aber an diesem Anspruch wird sie ab jetzt gemessen werden.

Ohne es explizit zu wollen, festigt die UNO damit das Primat des Militärs. Die professionellen Friedenssicherer aus Senegal, Burkina Faso oder der Elfenbeinküste genossen in der Zentralafrikanischen Republik viel mehr Respekt als die eigenen miserabel ausgebildeten und undisziplinierten Streitkräfte. Schlagartig wurde deutlich: Es gibt nicht nur schlechte Soldaten, sondern auch gute, und eine gute UN-Mission, faktisch eine Militärregierung, ist besser als eine schlechte Zivilregierung. Auch die Blauhelme selbst merkten das. Es war kein Zufall, dass es Blauhelme aus der Zentralafrikanischen Republik waren, die Ende 1999 in der Elfenbeinküste putschten und in Westafrika den Traum von der guten Militärregierung neu zum Leben erweckten.

Die paradoxeste Hinterlassenschaft der UNO in der Zentralafrikanischen Republik könnte etwas sein, was allen UN-Konzepten zur Konfliktlösung widerspricht: Die Rehabilitierung des Militärs als politische Ordnungsmacht in Afrika. Dominic Johnson

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