: Auch Horst Köhler wird jetzt abgekocht
USA lehnen IWF-Kandidaten ab. Hintergrund: Der Währungsfonds soll privatisiert werden und sich aus der Entwicklungsfinanzierung zurückziehen
von KATHARINA KOUFEN
Die deutsche Regierung steht womöglich kurz vor einer zweiten Niederlage. Auch gegen Horst Köhler, den neuen Kandidaten für den Chefposten beim Internationalen Währungsfonds (IWF), haben die USA Bedenken. Doch wie schon beim gescheiterten ersten EU-Kandidaten, Caio Koch-Weser, liegen die wahren Gründe woanders.
Nicht nur haben beide Kandidaten hohe Posten in einer Entwicklungsbank bekleidet und könnten, so die Vorbehalte, den IWF zu stark in entwicklungspolitische Aufgaben hinein ziehen. Vor allem konservative Kräfte in den USA wollen offenbar einen radikalen Umbau des Währungsfonds und der Weltbank. Das schreibt der Spiegel unter Berufung auf einen „Geheimplan“ aus Washington; das geht auch aus einer Studie hochrangiger Ökonomen hervor, die letzte Woche dem US-Kongress vorgelegt wurde.
Die Experten fordern eine klare Aufgabentrennung zwischen IWF und Weltbank. So soll der Fonds nur noch an Krisen-Länder Kredite vergeben. Deren Laufzeit darf höchstens 120 Tage betragen, sie dürfen nur einmal verlängert werden und die Zinssätze müssen höher sein als der kurzfristige Marktzins. Laut dem US-Plan soll der Fonds zudem privatisiert werden: Die Kredite würden dann nicht mehr aus staatlichen Geldern finanziert, sondern über die Kapitalmärkte.
Die Weltbank dagegen soll ihre Mittel künftig stärker auf die Ärmsten konzentrieren: Kredite dürften der Studie nach nur noch Ländern gewährt werden, die keinen Zugang zum Kapitalmarkt haben und deren Pro-Kopf-Einkommen unter 2.500 Dollar jährlich liegt. Ohnehin sollten weniger Kredite und stattdessen Zuschüsse vergeben werden.
Alle anderen Länder werden sich aus privaten Quellen Kapital besorgen müssen. Private Anleger freilich schauen ausschließlich auf die Rendite ihrer Investionen und nicht auf entwicklungspolitische Ziele. Je prekärer die finanzielle Lage einer Regierung, desto höhere Zinsen wird sie für ihre Kredite zahlen müssen – Risiko ist schließlich teuer. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sieht bereits „rabenschwarze Zeiten“ für die armen Länder heraufziehen.
Die Autoren der Studie kritisieren, was Entwicklungsverbände schon lange anprangern: Der IWF habe versagt in seiner Aufgabe, Finanzkrisen zu meistern und seine Kredite seien an zu viele Bedingungen gebunden. „Der IWF verfügt nicht über die Expertise für armutsorientierte Strategien“, sagt IWF-Expertin Barbara Unmüssig von Weed. Die Empfehlung der Studie, der Fonds solle sich aus der Entwicklungsfinanzierung zurückziehen, sei deshalb „überlegenswert“.
Anstatt immer neue Anwärter auf dem Posten zu verheizen, sollten die Europäer über ihre eigenen Vorstellungen bezüglich der Rolle des IWF nachdenken, kritisiert Weed: „Die US-Dominanz hat mit der Konzeptlosigkeit der EU zu tun.“ Die USA werden sich für einen privatisierten Fonds eher einen Investmentbanker wünschen als Köhler – den Chef einer Entwicklungsbank.
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