Chancenlos gegen Power-Volleyball

Im Meisterschaftsfinale hat der SCC Berlin Titelverteidiger Friedrichshafen nichts entgegenzusetzen

BERLIN taz ■ Der VfB Friedrichshafen ist das Bayern München der Volleyballer. In den 90er-Jahren standen die Häfler, so nennen sie sich, mit einer Ausnahme immer im Finale um die Deutsche Meisterschaft. Spätestens mit dem Erreichen des Champions-League-Finales im März festigten sie ihren Anspruch, sich auch europaweit als Spitzenadresse zu etablieren.

In der abgelaufenen Saison hinterließen sie den Eindruck, als ob der Marsch durch die Liga nurmehr ein Sparringsschmettern war. Das untermalten sie auch am Wochenende in Berlin, wo sie gegen den SCC mit den Siegen zwei und drei im Schnelldurchgang die Best-of-five-Serie um die Meisterschaft gewannen. Gestern verloren die Berliner auch das dritte Spiel, wiederum glatt mit 0:3 (19:25, 21:25, 22:25).

Zumindest in der abgelaufenen Saison konnte der SCC am Image des VfB kratzten. Nachdem sich beide Vereine jeweils einen Sieg streitig machten, schafften es darüber hinaus nur die Jets des ASV Dachau, den amtierenden Meister zu besiegen.

Der VfB und der SCC – hier trafen zwei völlig unterschiedliche Vereinsstrategien aufeinander. Denn der mit Abstand höchste Saisonetat von etwa zwei Millionen Mark verschafft den Häflern die Möglichkeit, in ganz Europa Ausschau nach leistungsstarken Spielern zu halten. Im Saisonverlauf verstärkten sie sich mit dem 65-fachen US-Nationalspielers Chris Harder. In Kooperation mit dem Deutschen Volleyball-Verband (DVV) konzentriert sich der SCC Berlin hingegen mit einem Etat von knapp einer Million Mark auf die eigene Nachwuchsarbeit. Schon seit 1992 fördern die Charlottenburger die Volleyballjugend in Berlin-Marzahn. Seit 1993 existiert mit dem VC Olympia sogar ein Farm-Team in der 2. Bundesliga. Hier pritscht sich der beste Berliner Nachwuchs die Volleybälle zu, ohne dass die delegierenden Vereine ihre Optionen auf die Jungtalente verlieren. So kann der SCC bis zu zwei Spieler jährlich in die höchste Spielklasse integrieren.

Gegenwärtig stehen acht Charlottenburger im deutschen Nationalteam. Um das Zusammenspiel der Nationalspieler zu fördern, konnte der DVV im vergangenen Jahr bei den Transfers der deutschen Topspieler Stefan Hübner und Marco Liefke zum SCC erfolgreich vermitteln. Der gemeinsam akquirierte Sponsor ist dann klanglich passend – die Fluggesellschaft Germania.

VfB gegen SCC – das bedeutete aber auch: Der bundesweit beste Power-Volleyball traf auf den besten Control-Volleyball. Der VfB haute drauf, und die Charlottenburger sprangen hinterher. Schon mit der Angabe schmetterte das Multikultiteam vom Bodensee den Berliner Baggern die Arme wund.

Durch den Pokalsieg war der SCC schon vor dem Finale für die Champions League qualifiziert, sodass man im Prestigeduell eigentlich beruhigt hätte aufspielen können. Der Titelverteidiger aber musste siegen, um europaweit nicht mit dem wenig lukrativen CEV-Pokal Vorlieb zu nehmen. Der SCC machte es ihm leicht. Allein 20 verschlagene Aufgaben und zehn Annahmefehler erleichterten den Friedrichshafenern den Titel-Hattrick.

Das zweite Match am Samstag in der Berliner Sömmering-Sporthalle hatte sich nahtlos in die Serie eingepasst. Sang- und klanglos ging Berlin mit 0:3 (17:25, 26:28, 20:25) unter, wie auch in den anderen beiden Begegnungen. Der VfB agierte jedesmal äußerst abgeklärt, ließ kaum Chancen. Nach diesen klaren Niederlagen zeigte sich, dass die Berliner schon besonders gut schlafen mussten, um mit einem sonntäglichen Sieg noch die Chance auf das Double zu wahren. Doch Liefke musste feststellen, dass der VfB „unseren Spielfluss zu spüren schien“. Zudem war der Block der Gäste nur durch seltene „Lupfer“ (Liefke) zu überwinden. GERD DEMBOWSKI