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Dance surprise im Concordia

■ Die teilweise Bremer „steptext dance company“ stellte ihre neuen Choreographien am Osterwochenende im Concordia vor

Erwarten Sie bei einem Tanztheater, dass eine der Vorführenden einen langen Monolog voller Alltagsbeobachtungen hält? Dass drei TänzerInnen in einem Sketch die Kontaktaufnahmen besoffener Partygäste tatsächlich schauspielern? Dass ein Sänger mit Gitarre die Tänze live auf der Bühne mit einem Popsong begleitet? Oder dass ein Paar, bevor es überhaupt zu tanzen beginnt, sich erst einmal in einem Striptease-de-deux die Kleider vom Leib reißt?

Wenn Avantgarde immer noch heißt, in einer Kunstform das Unerwartete zu wagen und die Konventionen zu brechen, dann macht die in Wien, Montreal und Bremen beheimatete „steptext dance company“ um den österreichischen Choreographen und Tänzer Helge Letonja tatsächlich neues Tanztheater. Besonders die Grundregel, dass im modernen Tanztheater möglichst wenig getanzt wird, brechen die sieben TänzerInnen mit viel Ehrgeiz und beeindruckendem Körpereinsatz. Besonders wenn die Männer und Frauen jeweils synchron tanzten, merkte man, wie präzise die schnellen, manchmal wie willkürlich wirkenden Bewegungen ausgeführt wurden. Und die sich bewegenden Körper wirkten immer sehr sinnlich – nicht etwa, weil sie des öfteren mehr oder weniger entkleidet zu sehen waren, sondern, weil die Bewegungen immer eine geschmeidige Eleganz hatten.

Da war es dann nicht mehr so wichtig, ob man verstand, warum das erste getanzte Stück „coté de la neige“ hieß (irgendein Wortspiel mit einem Stadtteil von Montreal), oder ob man bei jeder Szene die Intentionen des Choreographen erraten konnte.

Das erste (hier als Premiere getanzte) Stück ist „ein Gesang von der Unerträglichkeit der Liebe“, das zweite mit dem Titel „Schlafwandler“ zeigt „eine unmögliche Mann/Frau Beziehung“ – da kann man jeweils viel reinpacken, und genau dies hat die „steptext dance company“ zum Glück auch getan. Die Choreographien waren immer auf die Überraschung ausgerichtet, man konnte nie vorhersehen, welche (körperliche und dramaturgische) Drehung die TänzerInnen als nächstes ausführen würden. Dabei war, zumindest beim ersten Stück, die Lichtregie genauso virtuos wie die Tanzenden.

Oft entstand die Wirkung eines Bildes dadurch, dass genau ein Körperteil oder eine Figur in der Tiefe des Raumes beleuchtet erschien, und schließlich wurde dieses Spiel von Licht und Schatten noch ironisiert, als eine Tänzerin mit viel gespielter Anstrengung versuchte, nur ja nicht aus dem Lichtbalken auf dem Boden zu treten. Jawohl, auch für Humor war in diesen Tänzen Platz. Mal grob wie in dem Partysketch, mal originell wie im Schlussbild, bei dem das tanzende Paar Heike Kreutzer und Isaiah di Lorenzo einfach ein Stück vom Bühnenboden abzogen, um ihn in eine Schlafdecke umzufunktionieren, unter die sie sich verkrochen. Angenehm war auch, dass die Stücke nie ausfransten, sondern durch Tempo und Kürze immer die Spannung hielten, und die ebenfalls durchweg sehr sinnliche Musik (J.S. Bach, Scarlatti, Henry Purcell), die oft einen raffinierten Kontrapunkt zu den Tänzen lieferte.

Das Publikum war zur ersten Aufführung nicht gerade in Massen erschienen, dafür aber um so enthusias-tischer. Die LiebhaberInnen des Tanztheaters sind offensichtlich eine sehr bunte Gemeinde. Dazu gehört auch ein Mann im langen Lederrock. Oder war der Teil der Inszenierung? Wilfried Hippen

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