unterm strich :
Jetzt kommt’s dicke. Einen Niedergang der Kulturpolitik hat der Präsident der Goethe-Institute, Hilmar Hoffmann, beklagt. Kulturpolitik werde in Deutschland nicht mehr von Kulturdezernenten, sondern von Kämmerern und Finanzministern betrieben: „Das Ende dessen, was man früher mal euphorisch Kulturpolitik genannt hat, steht damit bevor.“ Hoffmann warf den Kulturpolitikern vor, sich nur noch für Kulturdezernenten zu entscheiden, die den Posten um jeden Preis haben wollten, aber nichts riskierten und keine Ideen hätten. Es gebe kaum noch Kulturdezernenten von Rang. Zum Glück gibt es nach Hoffmanns Worten noch einige Intendanten wie Claus Peymann in Berlin, die sich kulturpolitisch zu Wort meldeten. Davon profitierten auch die Kulturpolitiker.
Apropos Peymann: Nach den ersten 100 Vorstellungen am Berliner Ensemble hat sich der BE-Intendant der Kritik des Publikums gestellt. „Es sind vielleicht noch nicht die großen Weltentwürfe, die wir spielen“, räumte der 62-Jährige am Sonntag selbstkritisch ein. Negativ urteilte die Kritikerin Sigrid Löffler. „In den Medien ist Prahlhans Peymann Küchenmeister; im Berliner Ensemble kocht unterdessen Schmalhans auf sehr kleiner Flamme“, schrieb sie am Wochenende in der Wiener Zeitung. Aus dem alten Brecht-Museum sei ein „staubsprühendes Peymann-Museum geworden“, in dem „Inszenierungsantiquitäten“ herumstünden.
Peymann betonte dagegen, er wolle mit seinem Theater die deutsche Wirklichkeit wahrnehmen. „Erste kleine Fundamente“ seien gelegt, sagte Peymann, der sich als „politischer Reißzahn im Regierungsviertel“ angekündigt hatte. Zurzeit bemüht sich der frühere Wiener Burgtheater-Direktor um neue Stücke von Botho Strauß, Volker Braun und Christoph Hein.
Erfolgsmeldungen dagegen aus Bremen. Nach jahrelangem Streit um die Beutekunst aus dem Zweiten Weltkrieg haben Deutschland und Russland einander erstmals verschleppte Meisterwerke zurückgegeben. In Bremen wurden am Sonntag 101 Grafiken und Zeichnungen des Kunstvereins präsentiert, die Kulturstaatsminister Michael Naumann und Bremens Bürgermeister Henning Scherf aus Russland mitgebracht hatten. Der Vorsitzende des Kunstvereins Bremen, Georg Abegg, sprach von „einem ganz großen Tag“.
Tags zuvor hatten Naumann und Scherf in St. Petersburg im Beisein des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein florentinisches Mosaik und eine Kommode aus dem Bernsteinzimmer übergeben. Bei der Zeremonie sagte Putin: „Dass unsere deutschen Freunde uns Teile des Bernsteinzimmers zurückgebracht haben, bedeutet uns viel.“
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