piwik no script img

Per Anhalter durch die Wirklichkeit

Douglas Adams stellte in Berlin seinen Online-Reiseführer vor und erklärte jungen Menschen das Internet

Douglas Adams hat das tragbare Internet erfunden. 1979 beschrieb er in seinem Science-Fiction-Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ einen elektronischen Reiseführer: eine handliche Box zum Aufklappen, mit der man an jedem Ort im Universum Informationen über diesen oder jeden anderen Ort abrufen kann. Zum Beispiel in welchen Bars auf welchen Planeten man die besten Cocktails bekommt. Damals fand man das komisch.

Der Roman hat sich bis heute 15 Millionen Mal verkauft, Douglas Adams ist ein erfolgreicher und gut verdienender Schriftsteller. Wenn er die handliche Box zum Patent angemeldet hätte, wäre er ein noch reicherer Mann. Heute heißt das tragbare Internet „WAP-kompatibles Mobiltelefon“, und Konzerne wollen viel Geld damit verdienen. Und mit Douglas Adams: Wer so eine handliche Box zum Aufklappen besitzt und auf der Tastatur wap.h2g2.com eintippt, der landet auf Adams Website „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“, einem interaktiven Reiseführer für den einsamen Planeten Erde: Nokia & Co proudly present: „The Wirklichkeit“, based on a novel by Douglas Adams.

In Berlin hat Douglas Adams das h2g2-Projekt jetzt vorgestellt. Fünfhundert Menschen kamen, um zu hören, wie ein knapp fünfzigjähriger englischer Schriftsteller sich das „Leben in einer virtuellen Welt“ vorstellt.

Und Douglas Adams, in Polohemd und abgetragenen Jeans, hielt ein Plädoyer für das World Wide Web: Keine Angst vor dem Computer! Technik kann Spaß machen! Das Internet ist mehr als ein Werbeprospekt!

Vermutlich gibt es heute nur noch wenige Menschen, die dem nicht zustimmen würden, und unter den allesamt um die dreißig Jahre alten Zuhörern in der Kulturfabrik war bestimmt kein einziger, der mit dem Internet irgendein Probleme hat – außer der hohen Telefonrechnung vielleicht. Trotzdem freute man sich über Douglas Adams und seine Anekdoten und johlte, wenn er seine Stimme gegen Microsoft erhob. Nach dem Vortrag hatte man das Gefühl, um zehn Jahre zurückversetzt worden zu sein, in eine Zeit, in der einem das Internet als grandiose Möglichkeit erschien, auf basisdemokratischem Weg Kochrezepte auszutauschen, gegen Bill Gates zu stänkern und in Newsforen über Douglas Adams letztes Buch zu diskutieren. Nur manchmal sah das Internet an diesem Abend auch bei Douglas Adams so aus, wie es heute eben aussieht. Zum Beispiel gab er abwesenden Webseiten-Designern von BMW den Tipp, sich den tollen Internetauftritt von amazon.com zum Vorbild zu nehmen – wenn sie wirklich Autos verkaufen wollen. The Hitchhiker’s Guide to E-Commerce? Im „Anhalter durch die Galaxis“ stand: „Es gibt eine Theorie, die besagt, wenn jemals irgendwer genau rausfindet, wozu das Universum da ist, dann verschwindet es auf der Stelle und wird durch etwas noch Bizarreres und Unbegreiflicheres ersetzt . . . Es gibt eine andere Theorie, nach der das schon passiert.“

Ersetzen Sie „Universum“ durch „Internet“. Aber sagen Sie Douglas Adams nichts davon. Man weiß nicht, ob er es komisch fände. KOLJA MENSING

www.h2g2.com

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen