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Die Fundis kommen

Zum Jesus-Tag kommen morgen tausende Charismatiker. Sie setzen auf geistliche Kriegsführung gegen Dämonen oder wollen mit Christus regieren. Amtskirchen schreiben Grußworte

von PHILIPP GESSLER

Die christlichen Fundamentalisten erobern morgen die Stadt – und die großen Kirchen begrüßen die Gottesstreiter: Wahrscheinlich um die fünfzigtausend Christen aus ganz Deutschland werden in der Hauptstadt zum „Jesus-Tag“ erwartet. Mit einem „Jesus-Marsch“ durch das Zentrum und einem großen Stadtfest mit 480 Künstlern auf sechs Bühnen vor dem Roten Rathaus wollen sie den 2.000. Geburtstag des Heilands feiern. Doch die christliche Massendemo ist problematisch: Denn die Gläubigen gehören in Mehrheit fundamentalistisch-charismatischen Gruppen an, die in den vergangenen Jahren auch in den Volkskirchen immer mehr Anhänger gefunden haben. Diese „charismatischen“ Christen glauben, eine besondere Nähe zum Heiligen Geist zu haben. Sie halten Dämonen für existent und versuchen, durch Gebete im Zuge einer „geistlichen Kriegsführung“ gegen sie vorzugehen. Zudem befürworten sie oft „Heilungsgottesdienste“, in denen nicht selten physisch oder psychisch kranke Menschen mit Pseudoexorzismen angeblich von Dämonen „befreit“ werden – Praktiken, die schädlich für die Betroffenen sein können.

Fragwürdig sind auch die Organisatoren, zu denen Keith Warrington gehört. Der Mathematiker und gebürtige Neuseeländer ist erster Vorsitzender der Organisation „Jugend mit einer Mission“ (JmeM). Großen Einfluss in ihr hat der in den USA tätige John Dawson, der die charismatische Bewegung auch zu weltlicher Macht auserkoren sieht. „Wir sind dazu berufen, mit Christus zu regieren“, ist bei ihm nachzulesen. Der Religionssoziologe Thomas Kern von der Universität Bamberg hat schon vor einem Jahr gewarnt, dass in diesen Gruppen „praktisch alle nicht christlichen Religionen automatisch als dämonisch gelten“.

Auch der Sektenbeauftrage der Pommerschen Evangelischen Kirche, Friedrich von Kymmel, kritisiert die Dämonologie und „geistliche Kriegsführung“, die bei den charismatischen Christen zu finden ist. Viele Gruppen hätten eine stark antikirchliche Ausrichtung und in einem erheblichen Umfang Missonierungstendenzen gegenüber dem Judentum – während die evangelische Landeskirche die organisierte so genannte Judenmission ausdrücklich ablehnt und auch von jüdischer Seite stets harrsche Proteste gegen solche Missionierungsversuche kamen.

Dennoch haben sowohl Georg Kardinal Sterzinsky von der katholischen wie Landesbischof Wolfgang Huber von der evangelischen Kirche im Programmheft für den „Jesus-Tag“ freundliche Grußworte für die christlichen Berlin-Touristen geschrieben – kritische Töne sind lediglich zwischen den Zeilen zu lesen. Während die Amtskirchen vor sechs Jahren beim damaligen „Jesus-Marsch“ mit 75.000 Teilnehmern noch auf Distanz gingen, will Huber jetzt zeitweise mitlaufen. Sektenbeauftragter von Kymmel kritisiert, dadurch würden diese Gruppen hoffähig gemacht.

Propst Karl-Heinrich Lütcke von der evangelischen Landeskirche distanzierte sich von Aussprüchen wie „mit Christus regieren“. Zudem sei manches an der charismatischen Bewegung kritikwürdig. Probleme gebe es aber bei allen Massenveranstaltungen, in denen sich, wie etwa bei Kirchentagen, die Kirche gegenüber vielen anderen christlichen Gruppen öffne. Man wolle keinesfalls in irgendeine „fundamentalistische Ecke“ geraten und habe das Programm sehr genau geprüft. Der Pressesprecher des Bistums, Andreas Herzig, verwies darauf, dass der Kardinal die Veranstaltung nur „sehr zurückhaltend“ gewürdigt habe. Und auf die katholischen Gemeinden sei vom „Jesus-Tag“ noch kein Funke übergesprungen.

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