■ Wieso ist die Bundeswehr eine demokratische Armee? taz-Leser fordern:: Weg mit der Wehrpflicht
betr.: „Wehrpflicht abschaffen?“ („Nein“ von Bettina Gaus), taz vom 19. 5. 00
Schon lange frage ich mich, wieso die Bundeswehr eine demokratische Armee sein soll, nur weil sie junge Männer zum Zwangsdienst einzieht.
Jungen Menschen, kaum volljährig, wird zuerst einmal ein guter Teil ihrer Menschenrechte entzogen (Freiheit, Wohnortwahl, freie Wahl des Arbeitsplatzes, freie Meinungsäußerung, wohl auch ein guter Teil ihrer Menschenwürde ). Anschließend wird ihnen von – sicher nicht demokratisch gewählten – Vorgesetzten beigebracht, wie man mit modernstem Gerät andere Menschen ermordet, eine wahrlich den Grundgesetzen verpflichtende Tätigkeit.
Überhaupt habe ich mir sagen lassen, dass so eine Armee im Allgemeinen auf dem Prinzip Befehl und ungefragten Befolgen desselbigen beruht. Das macht ja auch aus den Zwangsrekruten gute Staatsbürger, weil sie ja schon gewohnt sind zu parieren, wenn einer brüllt oder offensichtlich Müll erzählt.
Traurig ist es aber vor allem, dass dieses Dogma der demokratischen Wehrpflichtarmee seit Ewigkeiten von Politikern und Journalisten aller politischer Färbung wie der heilige Gral vor sich hergetragen wird, ohne jemals eines Beweises zu bedürfen.
Vieleicht machen Sie sich in Ihrem nächsten Beitrag einmal die Mühe zu erklären, warum diese Behauptung wahr sein sollte. Ich freue mich schon auf Ihr Scheitern.
Im Übrigen wurden die Millionen Opfer des Dritten Reiches nicht von einer 100.000 Mann starken Freiwilligenarmee ermordet, sondern von einer millionenstarken Wehrpflichtarmee.
Hätte Hitler nur diese 100.000 Mann zur Verfügung gehabt, wäre es wohl kaum zum ZweitenWeltkrieg gekommen.
THOMAS LOOS , Schwaig
Als ehemaliger Wehrpflichtiger, der „sich ein distanziertes Verhältnis zur Armee bewahrt hat“, sage ich: Weg mit der Wehrpflicht!
Sie ist ein schwerer Eingriff in das Leben junger Männer, die, statt mit Ausbildung und Beruf, viel Zeit mit rohen Kameraden verbringen müssen. Diese sind zwar „Sand im Getriebe“, aber nicht so, wie du es wünschst: Zu politischer Reflektion und Engagement lässt sich niemand verpflichten. Schlüssiger ist da schon ein altes Konzept der Jusos, die meines Wissens in den 60er/70er Jahren dafür warben, als Zeit- oder Berufssoldat für eine „demokratische Struktur der Armee“ zu wirken. ALFRED VANSELOW, Konstanz
Die Wehr- beziehungsweise Zuvieldienstpflicht ist eigentlich sowieso nicht konform mit dem Grundgesetz (GG): Der Art. 1 GG (Menschenwürde) wird mit Füßen getreten und Art. 2 GG (Freiheit der Person) ebenso. Nach Art. 3 GG (Gleichheit vor dem Gesetz) müssten eigentlich auch weibliche Menschen Wehrdienst leisten, denn nach Art. 3 (1) GG sie sind vor dem Gesetz gleich, nach Art. 3 (2) GG gleichberechtigt und nach Art. 3 (3) GG weder zu bevorzugen noch zu benachteiligen.
Gegen die Meinungsfreiheit aus Art. 5 wird mit Sanktionen bei freier Meinungsäußerung Wehr- beziehungsweise Zuvieldienstleistender verstoßen.
Die Reihenfolge der Artikel im Grundgesetz legt die Prioritäten fest. Art. 17a (Einschränkung der Grundrechte) müsste eigentlich unwirksam sein, da er eine wesentlich geringere Priorität als die in den wichtigeren vorstehenden Artikeln festgeschriebenen Grundrechte hat und außerdem erst viel später in das GG hineingeflickt wurde.
Da aber viele der zuständigen Minister selbst keinen Dienst geleistet haben, ist deren Kompetenz in dieser Frage auch entsprechend mangelhaft. Gesetze sind halt auch nur geduldiges Papier. Was zählt, ist, wer die Macht hat sich darüber hinwegzusetzen – Verzeihung, die Gesetze auszulegen, natürlich.
Ich zum Beispiel habe meinen 20-monatigen Zuvieldienst in 16 Monaten absolviert, bei Dienstzeiten von bis zu 80 Wochenstunden. Dass dies gegen jegliche Arbeitsschutzgesetze verstößt, hat niemanden gestört, nicht einmal das Bundesamt „für“ den Zivildienst. [...] Dass ich als Rettungssanitäter meinen Dienst offiziell mit insgesamt zwei Hosen und nach zirka einem Jahr auch mit einer Jacke und einem Paar Schuhe verrichten durfte, hat natürlich auch niemanden gestört, außer den Patienten und mir. Ohne privates Engagement hätte ich da wohl eher als Rettungssanitöter herumlaufen müssen.
Diese und weitere „Unregelmäßigkeiten“ haben mich sicher nicht im Sinne der Dienstherren geprägt. Dafür, und nur dafür, bin ich den Damen und Herren Politikern und Beamten dankbar. Ansonsten hat mein Dienst nur einen Arbeitslosen mehr bewirkt.
CARSTEN JÄNSCHKE, Halstenbek
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