: Erzwungenes Autodidaktentum
betr.: „Mein Hirn und die Maschine“, taz vom 24. 5. 00
Ich mache derzeit eine Umschulung zum Fachinformatiker. In meinem Kurs sind zwei Frauen, und die sind ausschließlich über eine interne Quote nach der Aufnahmeprüfung dort hineingelangt. Bei normaler Bewertung wäre deren Leistung zu schlecht gewesen.
Meiner Ansicht nach ist es kontraproduktiv, ständig nach mehr Schutzräumen zu rufen, stattdessen sollte man versuchen, endlich in Studium und Ausbildung von dem erzwungenen Autodidaktentum wegzukommen – wer sich nicht nach der Arbeit noch einmal drei Stunden hinsetzt und auf Kosten der Familie Selbststudium betreibt, für diejenige/denjenigen ist die Ausbildung praktisch eine von Erfolglosigkeit geprägte nutzlose Qual. Unterstützung wird einem dabei auch keine zuteil, von niemandem. Das wird einfach vorausgesetzt.
Vor allem pikant: Uns hatte man schriftlich garantiert, dass es nicht notwendig sei, einen Computer zu besitzen. Rückblickend lächerlich. KLAUS-J. WOLF, Northeim
Es ist ein bekanntes Phänomen, dass Computerprogramme zu groß, bedienerunfreundlich und teilweise instabil sind. Sie zwingen den Benutzer zu ineffizienten Arbeitsprozessen. Ich behaupte, dass die Ursache dafür in fehlender Kommunikation und schlechter Zusammenarbeit in den Entwicklerteams zu finden ist. Es scheint eine Überprüfung der Praktikabilität der Programme zu fehlen.
Man beachte den Aspekt, der im zweiten Artikel der Autorin auf selbiger Seite angesprochen ist: Weiblich denkende Menschen trauen sich weniger zu als männlich denkende Menschen. Dann ist der Umkehrschluss zulässig, dass Software deshalb so schlecht sein kann, weil männlich denkende Entwickler sich zu viel zutrauen, die eigene Arbeit nicht kritisch genug betrachten. Daraus folgt, dass in der Softwareindustrie dringend Menschen mit weiblichen Fähigkeiten gebraucht werden. Diese sollten ermutigt werden, ihre speziellen Fähigkeiten der Kommunikation, Praxisorientiertheit und Kritikfähigkeit aktiv einzusetzen.
Computer werden in Zukunft immer mehr Raum im Alltag einnehmen. Es ist notwendig, dass Programme benutzerorientierter, das heißt praxisorientierter, entwickelt werden. Hier eröffnet sich ein Berufsfeld, in dem dringend weiblich denkende Menschen gebraucht werden. Softwareindustrie und Frauen sollten begreifen, dass sie ein exzellentes Team sein können. KATJA BISOM, Berlin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen