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Marx lebt

Schön, dass die akademische deutsche Linke so ganz allmählich ihren Frieden schließt mit dem imperialistischen Internet. Seit kurzem unterhält auch die Vierteljahreszeitschrift Faust so etwas wie eine Homepage. Man finde sie allerdings nur unter der Adresse www.gretchenverlag.de. Faust ist 1989 gegründet worden, als eigentlich alles schon zu spät war. Marx war mausetot, die kritische Theorie postmodern geworden, also unkritisch, die DDR ging gerade unter und damit natürlich auch die BRD. Trotzdem wollte die Zeitschrift wenigstens an der Uni einen kritischen, westlichen und modernisierten Marxismus weiterpflegen. Im Onlinerückblick zeigt sich, dass ihr das erstaunlich gut gelungen ist. Wichtige Themen sind vertreten, einen Schwerpunkt bildet die Kritik am neuen Nationalismus und den erstarkenden rechtsradikalen Ideologien. Leider ist vorerst nur ein kleiner Teil der Aufsätze auch online verfügbar.

200 Jahredeutsche Grenzen

Ziko Marcus Sikosek studiert Geschichte in Köln. Ihn interessiere hauptsächlich die Politik des 19. und 20 Jahrhunderts, schreibt er auf seiner Website www.fortunecity.de/lindenpark/caesarenstrasse/69/index.htm. Sein eigentliches Thema aber ist das Phänomen der Grenzen. Ihm hat er eine nützliche Sammlung historischer Karten der deutschen oder zu Deutschland geschlagenen Ländereien gewidmet.

Grenzen sind häufig auch Sprachgrenzen. Sikosek ist Sozialdemokrat und möchte sie überwinden. Deshalb schreibt er fließend Esperanto, ein Teil seiner Texte zu diesem Gebiet ist aber auch in Deutsch und online lesbar. Erhellend sind vor allem die Hinweise auf die Lage der Esperantisten in der DDR und die kluge Verteidigung des Romans „Der Klang der Fanfare“ von Johano Strasser, der an der Kunstsprache sein eigenes politisches Erbe abarbeitet.

Superstarsdes Webdesigns

Navigationsleiste links, Werbung oben, in der Mitte ein bisschen Inhalt, falls so etwas vorhanden ist. So sieht die Mehrheit der Websites heute aus. Dass es auch anders geht, ist unter www.shift.jp.org/IMGSRC100/ zu sehen. Hier sind die hundert erfolgreichsten (und teuersten) Webdesigner des Jahres 1999 mit Links zu ihren jeweiligen Homepages versammelt. Für die Eigenwerbung lassen sie meist alle Hemmungen fallen. Die Liste der Superstars ist eine wahre Orgie in Flash und Javascript, für die man sich gut und gerne einen Nachmittag Zeit nehmen sollte – am besten in einem Büro mit einer Standleitung.

niklaus@taz.de

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