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Das Licht ist aus

■ Die Ära des Lampenhauses ist zu Ende: Mit dem Tod von Anna Eltester schließt der letzte der ersten Nachkriegsläden im Viertel jetzt endgültig

Die umkränzte 50 draußen ist schon lange verblichen. Auch im Schaufenster dahinter hat sich seit über einem Jahrzehnt kaum noch etwas verändert. Sogar bei Schmuddelwetter blieben die gelben Sonnen-Jalousien, die empfindliche Stoff-Lampenschirmchen vorm Ausbleichen schützen sollen, vor der angestaubten Ware heruntergezogen. Als sei Geschäfte machen hier eine abwegige Idee.

„Meine Mutter wollte tatsächlich schon länger nichts mehr hergeben“, nickt Hannelore Tamzali. Mit Tränen in den hellen Augen muss die Ergraute dann doch lachen. Seit ihre Mutter vorletzte Woche 92-jährig starb, und sie auf einem kleinen Zettel im ansonsten kaum veränderten Schaufenster einen privaten Flohmarkt ankündigte, hat schon mancher einst verschmähte Kunde den Laden wieder betreten – und jetzt doch die lang begehrte Rarität erstanden. Sie berichteten der Tochter von irritierenden Begegnungen mit der Greisin, die nur noch den Kontakt mit den Menschen genoss, für die ihre Ware aber so unverrückbar zum Laden gehörte. Viele Bewohnern des Steintorviertels kannten sie als eulenhafte Betrachterin der Passanten. Manchmal stellte sie sich auch ihren Stuhl in den Ladeneingang und grüßte alles, was der Strom der Einkaufenden an ihr vorbeitrieb.

„Zuletzt machte es ihr nichts mehr aus, dass niemand bei ihr kaufte“, sagt die Tochter. Das war in den 90ern, als der Lampenladen von Anna Eltester schon eine Kuriosität im Viertel war. Das Schreibwarengeschäft im Ostertorsteinweg, in dem die immer gleichen Sammlerbriefmarken vergilbten, hatte gerade geschlossen; die betagten Schwestern, denen der Laden gehörte, konnten nicht mehr. Und auch beim Knopfgeschäft hatte die Zeit bitteren Tribut gefordert. Nur Anna Eltesters Laden war ein Überbleibsel aus der Generation der ersten Nachkriegshändler, zu denen sie nach der Flucht aus einem Dorf bei Danzig tatsächlich gehörte.

„Meine Mutter war schon immer beharrlich. Und dominant“, sagt heute ihr einziges Kind. Fünf Jahre lebte die Tochter, mit Einverständnis von Mann und Kindern, zuletzt bei der Mutter um sie zu pflegen. Seit Dezember war es ein Kampf – um jeden Tag. Seit Mutter und Tochter ihn verloren haben, ist der Laden voller geworden.

Aus allen Winkeln hat die Tochter die Ware zusammengesucht, Stehleuchten, Wandlampen, Kronleuchter, rustikal, nüchtern, verspielt, kitschig. Manches wie neu, einiges angerostet oder reparaturbedürftig. Darunter Fabrikate, die 40 Jahre auf dem Buckel haben. Zum Teil rekrutieren sie sich aus Beständen, die die Eltern auf Halde legten, als sie sich in den 70er Jahren zur Ruhe setzten.

Ja, Anna Eltester hatte sich zur Ruhe gesetzt, bevor sie 1977 den einstigen Elektroladen als Lampengeschäft wiedereröffnete. 70-jährig. Als Witwe. Einen Monat nach dem Tod des Ehemannes. „Sie war Geschäftsfrau. Nie Hausfrau“, erklärt die Tochter. Dieser Schritt der Mutter sei logisch gewesen – und unvorstellbar folglich, ihr den Laden später wieder auszureden. „Dann wäre sie todunglücklich geworden“, sagt Hannelore Tamzali, die es nicht über sich brachte, die alten Lampen und den übrigen Nippes in den Müll zu geben. „Das wäre nicht im Sinn meiner Mutter.“ Also verkauft sie, solange Menschen kommen, die Ladenhüter der letzten Jahrzehnte. Nicht alles freilich. Da ist die Jüngere ein wenig wie die Alte war. Der große Leuchter vorne an der Tür ist nur zum Schauen. ede

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