Provinzveranstaltung

betr.: Expo

Bei 40 Millionen erwarteten Besuchern sollten drei Milliarden an Eintrittsgeldern und 300 Millionen an Andenken ohne Sponsoren umgesetzt werden – bei einem eingestandenen Minus von 400 Millionen Mark. Dies bedeutet, dass ein Umsatz von 82,50 Mark pro Besucher im Durchschnitt kalkuliert war. Bisher sind 50 Prozent der Besucher zu ermäßigten Eintrittspreisen von 29 Mark beziehungsweise zehn bis 15 Mark eingelassen worden. Sollte die Expo die auf 25 Millionen Besucher nach unten angepassten Besuchererwartungen erreichen, ist ein zusätzliches Defizit von mindestens 1,7 Milliarden bereits jetzt nicht mehr abwendbar. Dies ergibt sich aus der Anwendung normaler Kulturtechniken wie der der Dreisatzrechnung.

Hannover muss akzeptieren, dass es im Weltmaßstab nur eine Heiderandmetropole mit 500.000 Einwohnern ohne nennenswertes Umfeld ist. Dies unterscheidet Hannover von den Millionenstädten und -zentren der Welt. Die Expo 2000 ist eine Provinzveranstaltung von Provinzlern in der Provinz. Da die Expo keine Warenmesse ist, besteht kein Muss, an der Expo teilzunehmen und hunderte von Kilometern anzureisen. Die Größe des dort verfügbaren städtischen Umfelds ist begrenzt, so dass auf Dauer nicht das fehlende örtliche Publikum ersetzt werden kann.

Dies liegt daran, dass Hannover nicht über die Struktur verfügt, die den Ort in akzeptabler Zeit zu akzeptablen Preisen für Fremde erreichbar macht. Das Preisdumping im Juni kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Abendkarten, Schüler und Schulausflügler 50 Prozent der bisherigen Besucher stellten und dass auch dieser Teil des Kontingents in den Ferien zurückgeht und auch diese Besucher überwiegend aus dem nahen Umland kamen. Bedauerlicherweise kann auch eine noch so gewiefte Werbestrategie keine Geografie ändern, so dass bei diesen Rahmenbedingungen durch unterlassene Werbung allenfalls Geld zu sparen ist.

Unerklärbares Wunder bleibt, wie aus einer Defizitveranstaltung Folgeeffekte von vier Milliarden Mark an Steuereinnahmen herbeigerechnet werden können. Dies würde bedeuten, dass der Staat bei der abgespeckten Besuchererwartung pro Besucher 160 Mark an Steuern abschöpfen müsste, obgleich der statistische Umsatz eines Tagestouristen sich bei zirka 80 Mark bewegt. Ertragssteuern bei einer für alle Beteiligten defizitären Veranstaltung einzuspielen, ist kaum denkbar. Steuern können allenfalls vom Umsatz anfallen und diese bestenfalls auch nur in Bruchteilen des verausgabten Geldes. ANDREAS KOEGLER, Lorsch