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Vorzimmer des Fonk

■ Beseelter New-Orleans-R'n'B: Der Pianist Dr. John gastiert in der Fabrik

Manche Leute können mit New Orleans ja nichts anfangen. Ihnen ist das dortige Klima zu heiß, die Luft zu feucht, das Essen zu scharf und die Voodoo-Kultur zu unseriös. Diese Menschen sollten heute Abend einen weiten Bogen um die Fabrik machen. Denn dort behandelt der 59-jährige Dr. John alle Südstaatenmusik-Süchtigen mit jenem Medikament, das er „the fonk“ nennt. Dabei handelt es sich um eine extra spritzige Mixtur aus Boogie, Blues, Southern Rock und Jazz.

Der Doktor des beseelten New Orleans-R'n'B wurde im Jahre 1940 als Mac Rebennack im Big Easy in eine Musikerfamilie geboren. Als junger Mensch trieb er sich in zwielichtigen juke joints, wie die Bars in New Orleans genannt werden, herum, saß wegen Einbruchs im Knast und gewöhnte sich an Heroin. Als ihm jemand per Pistolenschuss einen Finger raubte, wechselte er von der Gitarre zum Piano. Mit diesen Erfahrungen und einer an Whiskey gewöhnten Stimme landete der bärtige Mann mit „In The Right Place“ 1973 einen Hit und erreichte Kultstatus. Sein jüngstes Album heißt Duke Elegant, aber ob der Guru des Creole- Funks heute abend Ellington-Stücke deutet oder seine eigenen Hits spielt, ist eher unwichtig. Wichtiger ist, dass seine Begleitband so scharf ist wie beim letzten Konzert im März. Da groovte und fonkte die Band wie die Stax-Label-Hausband Booker T. and the MGs.

Dr. John bewegt sich mit Hut und Gehstock zwar wie ein alter Mann, aber wenn er am Piano sitzt, schlampig in die Tasten haut und böse ins Mikro bellt, dann kickt er alle Ärsche: die kleinen und drallen, die schlabberigen, die dicken und die platt gesessenen. Nicht umsonst heißt die Musik des Doktors aus „funky butt“.

Susie Reinhardt

Heute, 21 Uhr, Fabrik

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