: Präsident Wahid ist amtsmüde
Indonesiens Staatschef gibt einen Großteil seiner Amtsgeschäfte an seine Stellvertreterin Megawati ab. Zuvor war er in der Volksversammlung scharf kritisiert worden
JAKARTA afp ■ Der indonesische Staatschef Abdurrahman Wahid will einen Großteil seiner Amtsgeschäfte an Vizepräsidentin Megawati Sukarnoputri abgeben. Für die Alltagsgeschäfte solle künftig die Tochter des Staatsgründers Sukarno zuständig sein, kündigte der 60-Jährige am Mittwoch in Jakarta an.
Der gemäßigte Muslimführer – das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt des 210-Millionen-Einwohner-Landes – steht seit seinem Amtsantritt vor mehr als neun Monaten heftig in der Kritik. Bei der Wahl im Oktober vergangenen Jahres hatte sich Megawati Sukarnoputri geschlagen geben müssen.
Den Verzicht auf einen Teil seiner Amtsgeschäfte ließ der Präsident in einer Rede ankündigen, die von seinem Kabinettssekretär vor der Nationalversammlung vorgelesen wurde. „Ich werde meine Vizepräsidentin damit beauftragen, die technischen Aufgaben im Alltag wahrzunehmen“, sagte der behinderte Politiker. Zu deren künftigen Rechten zählte Wahid aber auch die Festlegung der wichtigsten Aufgaben für die Regierung. Nach einem Schlaganfall ist „Gus Dur“, so der Spitzname des Staatschefs in seinem Heimatland, fast blind und daher immer auf Hilfe angewiesen.
Die bei seinem Sieg über Jusuf Habibie in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllte der 60-Jährige in den Monaten nach seiner Wahl nicht. Wirtschaftlich steckt Indonesien weiterhin in der Krise. Ihm wurde vorgeworfen, keine klare Strategie zu verfolgen, um die Krise zu beenden. Auch die seit Jahren herrschenden Unruhen bekam Wahid bisher nicht unter Kontrolle. Bei blutigen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen allein auf den Molukken wurden seit Anfang 1999 bereits 4.000 Menschen getötet. Auch in den eigenen Reihen stößt Wahid auf Kritik.
Am Dienstag hatten Mitglieder der Beratenden Volksversammlung (MPR) Wahid teilweise scharf kritisiert. „Wenn man all die ungelösten Probleme und die anhaltenden Schwierigkeiten sieht, wird die Regierung zum Teil des Problems“, sagte ein Mitglied des höchsten Gesetzgebungsorgans des Landes. Am Vortag hatte Wahid sich für Versäumnisse in seiner Regierungsarbeit entschuldigt. Er hat bereits angekündigt, nach dem Ende seiner Amtszeit 2004 nicht wieder kandidieren zu wollen.
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