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So billig ist das alles nicht zu haben

betr.: „Internet macht Nazis sichtbar“, „Die Justizministerin hat sich totgelacht“, taz vom 12./13. 8. 00

[...] Es stimmt nicht, dass auf deutschen Servern keine Neonazi-Seiten mit strafbaren Inhalten abgelegt werden. Dies wird immer wieder versucht. Auch Server, die im Ausland liegen, aber deutsche Zweigstellen haben, können rechtlich belangt werden. Was nizkor macht, nämlich rechte Seiten aufzulisten, ist ein guter Anfang, greift aber zu kurz.

Die wesentliche Auseinandersetzung muss auf inhaltlicher Ebene stattfinden. Jugendliche geraten doch an diese Inhalte, wenn sie bestimmte Begriffe in die Suchmaschine eingeben und diese dann von Rechtsextremen „besetzt“ sind. Wie eine wirksame Gegenstrategie aussehen kann, zeigt bestens haGalil online www.hagalil.com. Wer heute „Juden“ in eine Suchmaschine eingibt, landet – im Gegensatz zu vor fünf Jahren – eben nicht mehr auf Neonazi-Seiten. Diese sind inzwischen auf Platz dreihundertnochwas nach unten verdrängt. Das stinkt den Neonazis ganz gehörig. Es ist nicht umsonst, dass diese den Zentralrat als Volksfeind Nummer eins benennen und die Macher von haGalil als Volksfeind Nummer zwei. Nur werden derartige Aktivitäten vom Establishment kaum wahrgenommen und unterstützt – auch nicht finanziell. Gestern las ich im ND, dass für den Kampf gegen rechts von der Bundesregierung keine finanziellen Mittel freigegeben werden, allenfalls einige Akzente gesetzt werden. So billig ist das alles nicht zu haben.

Es reicht auch nicht – wie vielfach angenommen wird – ein paar gut gestaltete Infoseiten ins Netz zu stellen, sondern es ist wichtig, eine gute Kommunikationsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen (E-Mails beantworten, Diskussionsforen, Chats etc.)

Ich weiß nun wirklich nicht, was Frau Däubler-Gmelin so sehr freut, weil der Charakter der meisten dieser gut gemeinten Initiativen zu kurz greift und oft nur Alibicharakter hat. Warum wird jetzt auf einmal von der CDU oder auch anderen Institutionen so getan, als ob das Einrichten von Meldeformularen für rechte Seiten etwas ganz Neues und das Ei des Kolumbus wäre? Eine solche Meldeseite gibt es seit zirka drei Jahren schon bei haGalil online www.hagalil.com

Auf welchem Niveau läuft eigentlich die Auseinandersetzung, wenn berichtet wird, die Justizministerin habe sich über www.nsdap.de totgelacht, weil dort steht „Sie verlassen jetzt den Bereich des Internet“. Weder der Betreiber dieser Seite noch die Justizministerin und der sich mitfreuende Redakteur scheinen erfasst zu haben, worum es eigentlich geht. Das Ganze ist doch höchst peinlich und lässt einen fragen, wie wir zu einer solchen Justizministerin kommen.

Ja, was soll nun mit den Domainnamen passieren, die bereits vergeben sind: Man erstellt ein ausgedehntes und qualitativ hochwertiges Informationsangebot und verdrängt damit diese anderen Angebote auf die unteren Ränge. Das ist aber nicht umsonst und nebenbei womöglich von engagierten Schülerzeitungsredakteuren zu bewerkstelligen, sondern braucht die Koordination und das fachliche Know-how aus unterschiedlichen Disziplinen. IRIS WEISS

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