piwik no script img

Wolfmaker und seine Dogparade

Der Anmelder der für Samstag geplanten „Dogparade 2000“ ist eine zwielichtige Gestalt. Aus diesem Grund verlegen die Veranstalter der seit Wochen an der Siegessäule stattfindenden „Hundstage“ vorfristig ihre Route zum Wittenbergplatz

von BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA

Er nennt sich „Wolfmaker“, hat eine kräftige Statur, einen kahlen Schädel und einen Pitbull. Und will gegen den „staatlichen Irrsinn“ der Hundeverordnung zu Felde ziehen. Fast hätte die Queen, als sie zur Botschaftseröffnung in Berlin weilte, davon erfahren. Doch als Tilo Renke am Hotel „Adlon“ ein Bettlaken mit den Worten „Helfen Sie uns: Deutsche Regierung tötet unsere Hunde“ hoch hielt, wurde es von Beamten verdeckt. „Vom Auto aus versuchte die Queen, einen Blick zu erhaschen“, ist sich Renke sicher.

Tilo Renke (25), der Anmelder der „Dogparade“, die am Samstag um 15 Uhr mit HipHop-Musik an der Siegessäule stattfinden soll, ist eine zwielichtige Gestalt. „Auf der Suche nach Hilfe bei der Problemlösung im nationalen Bereich hofft man auf jemanden, der darüber nachdenkt, mitdenkt, überdenkt . . .!?“, schreibt der gebürtige Sachse unter dem Pseudonym „Wolfmaker“ auf der „Dogparade“-Internetseite.

Der gelernte Heizungsbauer, der seit einem Unfall bei der Bundeswehr arbeitsunfähig ist und zuvor als Türsteher, im Sicherheitsdienst und als Technoveranstalter gearbeitet hat, macht aus seiner diffusen politischen Gesinnung keinen Hehl. Bereitwillig erzählt er von seinen Kontakten zur NPD – „auch in der Führung“. Er selbst bezeichnet sich als „politisch neutral“, obwohl er findet, dass die NPD „gute Ansichten hat, was die Wirtschaft betrifft“. Im Interesse der Hunde will er jedoch „Rechte, Linke, Türken und HipHoper“ zusammenbringen. Der Grund: „Das Thema geht alle an.“ Damit Rechte nicht auf Linke losgehen, habe er „persönliche Gespräche“ geführt, „dass die ihre Leute unter Kontrolle halten“. Würde ihn seine Freundin nicht unterbrechen, würde er weiter schwadronieren.

Renke sieht sich als der ewig Missverstandene. Als er Ende Juli mit seinem Hund „Booker“ unterwegs war und die Polizei das Tier ins Tierheim brachte, weil die Beamten überzeugt waren, dass es sich um einen Pitbull handelt, der ohne Maulkorb und Leine unterwegs war, witterte er eine Verschwörung. Denn just am Vortag hatte er die Bestätigung der „Dogparade“ bekommen. „Der Einsatz war sachlich und fachlich falsch“, sagt Renke. Denn „Booker“ sei ein Boxermischling. Doch ein Amtstierarzt stellte eindeutig fest, dass es sich um einen Pitbull handelt. Abholen musste das Tier seine Freundin aus dem Tierheim. Sie ist die Halterin. Denn Renke, der noch einen Pudel und einen blinden „Pitbullmix“ hat, ist wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorbestraft. Der Polizeieinsatz, der eskalierte, als Passanten und Freunde von Renke die Beamten mit Reizgas angriffen und einem von ihnen zwei Zähne ausschlugen, endete mit diversen Anzeigen.

Unterstützung für die „Dogdemonstration“ bekommt Renke von einem „Service-Center für Tiere“ im Wedding, vor dem der Polizeieinsatz stattfand. Auch die kürzlich in Nordrhein-Westfalen gegründete „Deutsche Partei der Hundefreunde“ will eine Delegation schicken. Auf Distanz hingehen gehen die Veranstalter der samstäglich stattfindenden Demonstration „Hundstage“ an der Siegessäule. „Der Mann hat latente Gewaltfantasien“, so ein Sprecher. Um nicht mit Renke in Verbindung gebracht zu werden, verlegen sie ihren Treffpunkt, den sie erst längerfristig ändern wollten, schon ab kommenden Samstag auf den Wittenbergplatz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen