70 Zeilen Kitsch

Dumme arische Xantippe trifft die edle Hannah, und Heidegger mittendrin: der Roman „Martin und Hannah“

Eine Szene wie aus einer Seifenoper. Geliebte und Ehefrau sitzen in der Küche und streiten um einen Mann. Catherine Clément ist in ihrem Buch der Dreiecksbeziehung zwischen Martin Heidegger, seiner Frau Elfride und Hannah Arendt nachgegangen und fasst die Ereignisse in einem fiktiven Gespräch im Jahr 1975 zusammen.

Das Verhältnis von Arendt und Heidegger hat vor über fünfzig Jahren begonnen. Vorbei ist es nicht: Obwohl der Kontakt abbricht, als Heidegger sich dem Naziregime anbiedert, redet Arendt sich seine antisemitischen Tendenzen später zur „Eskapade“ schön; er sei beeinflusst gewesen durch die Nationalsozialistin Elfride. Hier wird der Roman brüchig. Elfride wird als Frau dargestellt, die sich einerseits ihrem egozentrischen Mann unterordnet, andererseits die Fähigkeit hat, ihn in eine bestimmte Richtung zu drängen.

Heidegger aber ist nicht schwach, er genießt vielmehr die Macht, die er über die Frauen hat. Er benutzt die inzwischen verheiratete Hannah, um sich wieder gesellschaftlich zu profilieren, so rücksichtslos wie Elfride, von der er verlangt, Hannah zu empfangen – die perfide Inszenierung einer Menage à trois.

Cléments Roman setzt sich aus Episoden aus fünf Jahrzehnten zusammen, besprochen bei einer Tasse Kaffee. Vieles wird da aus dem Kontext gerissen. Das könnte das Buch nicht weniger spannend machen. Doch Clément beschränkt sich darauf, Dinge durch das Schlüsselloch zu betrachten und nicht mehr zu hinterfragen. Elfride als dumme arische Xantippe neben der gebildeten, edlen Hannah – das ist nicht mehr als eine Drehbuchkonstellation. Im Dunkeln bleibt Martin Heidegger. Warum haben sich zwei Frauen seine Bosheiten gefallen lassen?

Hier hätte dem Buch mehr psychologische Ausarbeitung gut getan. So ist es eine begrenzte Beschreibung eines Dreiecksverhältnisses. Am Ende gibt es ein Happy End: Die Frauen versöhnen sich, und Heidegger hat einen letzten großen Auftritt. Wie es sich für eine Seifenoper gehört. SUSANNE KATZORKE

Catherine Clément: „Martin und Hannah“. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2000, 379 Seiten, 39,80 DM