die stimme der kritik
: Betr.: Kreative auf dem Weg zu neuen Inspirationen

Die Brosche ist gefallen

Wanderausstellungen sind fast so toll wie Wanderbaustellen und Wanderdünen. Nach den Letzteren ist das schöne Kinderlied „Düne, Düne, du musst wandern“ bzw. die leichte Abwandlung „Baustell, Baustell, du musst wandern, von der einen Autobahn zur andern ...“ benannt worden. Aber eine schöne Wanderausstellung kann auch entzücken.

Diese besondere Wanderausstellung, die sich mit etwas Glück auch bald in Ihrer Nachbarschaft niederlässt, heißt „Brooching it diplomatically – Schmuck für Madelaine K. Albright“ und ist durchaus ernst gemeint. Internationale Schmuckkünstler, hihi, haben, kicher, diplomatische Broschen, Ketten, Intim- und Augenbrauenpiercings für die US-Außenministerin designt. Wobei das mit den Piercings jetzt eher metaphorisch gemeint ist. Jedoch, eine martialisch anmutende Stahlbrosche oder eine dicke Perlenkette mit so vielen Perlen wie die Nato MX-Raketen hatte, wobei an jeder der Perlen zehn klitzekleine Diamanten für die zehn separaten Nukleargefechtsköpfe baumeln . . . todschick wär’ das, oder?

Welch eine nette Idee ist das ohnehin! Und schon spinnt die Phantasie weiter, ich kann gar nichts dagegen tun: „Was trägt der Scheich am Vormittag? – Modedesigner mit italienisch klingenden Namen entwerfen Goldlamé-Tangas und Tschadors für Diktatoren und ihre Hauptfrauen“, „Hoppla, jetzt mal ich alles! – Bilder für Medienmogule“ und „Home is where the heart is – MusikerInnen singen für die Wallerts“ ist ja wohl das Mindeste, was jetzt folgen müsste.

Aber Tacheles: Die Vorstellung, dass Menschen einem direkt etwas auf Leib und Seele schneidern, hat natürlich etwas. Die zweite Hauptdarstellerin aus Alien (neben dem echten außerirdischen Wesen), Sigourney Weaver, sagte letztes Jahr auf die Frage der notorischen Oscar-Reporterin Joan Rivers, „Honey, who are you wearing?“, wie aus der Pistole geschossen: „Prada!“ Und als Joan wissen wollte, ob ihr die Auswahl schwer gefallen sei, antwortete Sigourney nonchalant: „Ach, wissen Sie, eigentlich hat Frau Prada mich angerufen und mir vorgeschlagen etwas zu nähen, was zu meinem Typ passt . . .“

„Klar, kommen Sie jetzt ruhig mit „Designerquatsch!“ „Zu teuer!“ „Unnötig!“ „Hedonistin!“ Sie haben ja so Recht. Aber bis mal jemand „Investigating typing Types – Designermode für JournalistInnen“ macht, werden wohl noch so manche Ausstellungen an uns vorbeigewandert sein.   JENNI ZYLKA