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Der mutige Anwalt der Verschwundenen

Der indonesische Menschenrechtsanwalt Munir klärt die Verbrechen von Suhartos Generälen auf und dringt auf Reformen

BERLIN taz ■ Er habe „Mut und Hingabe beim Kampf für die Menschenrechte und die Kontrolle des Militärs“ in seinem Land bewiesen, heißt es in der Begründung für die Auszeichnung des indonesischen Menschenrechtsanwalts Munir. Der aus Malang in Ostjava stammende 35-jährige Anwalt, der wie viele Indonesier nur einen Namen hat, ist der Vorsitzende der „Kommission für Verschwundene und die Opfer von Gewalt“, kurz Kontras. Die Organisation wurde im März 1998 gegründet, als sich der langjährige Diktator Suharto eine weitere fünfjährige Amtszeit gönnte.

Die Menschenrechtler um Munir reagierten auf die wachsende Repression, die Suhartos Machtzerfall während der Asienkrise begleitete und in dessen Folge immer mehr Oppositionelle entführt und ermordet wurden. Kontras kümmert sich nicht nur um das Schicksal Entführter, sondern sammelt auch Material, um den Machtmissbrauch des Militärs zu dokumentieren und so den Druck für Reformen zu erhöhen.

Politisiert wurde Munir in den 80er-Jahren. Als Jurastudent beschäftigte er sich mit Arbeitskonflikten und engagierte sich darauf beim unabhängigen Menschenrechtsinstitut LBH in dessen Büro in Surabaya. Munir landete selbst im Gefängnis, wechselte nach Jakarta und konzentrierte sich auf die Gewalt staatlicher Organe. Bis zum erzwungenen Rücktritt Suhartos im Mai 1998 war Kritik am Militär tabu.

Die Generäle verteidigen ihre Macht mit allen Mitteln. „Das Militär versucht, sich durch den Konflikt auf den Molukken, der nur oberflächlich religiös ist, vor den Auswirkungen der gesellschaftlichen und politischen Reformen zu schützen und eine neue Legitimität zu verschaffen“, sagte Munir in einem taz-Interview.

Als Mitglied der staatlichen Kommission untersuchte er auch die Gräuel des Militärs und proindonesischer Milizen in Osttimor. Er zähle das Militär nicht zu seinen Feinden, könne aber nachvollziehen, dass einige Generäle dächten, er sei ihr Feind, sagte Munir kürzlich. Entsprechend gefährlich lebt er. Letzte Woche explodierte vor dem Kontras-Büro in Jakarta eine Bombe. Zum Glück kam niemand zu Schaden. Munirs Kollege Jafar Siddique Hamzah hatte in Medan weniger Glück. Der Menschenrechtler, der die Morde des Militärs in der nach Unabhängigkeit strebenden Provinz Aceh untersuchte, wurde ermordet. Munir meint: „Es war eine Warnung für uns.“

Erfreut über die Auszeichnung des schmächtigen Munirs, den schon das Magazin Asiaweek zu den „20 jungen asiatischen Führern für das neue Millennium“ zählte, sagt Monika Schlicher von der Berliner Organisation Watch Indonesia: „Ich hoffe, die internationale Aufmerksamkeit schützt ihn und stärkt den Druck für Reformen.“ SVEN HANSEN

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