„Liebe taz...“ Ein nichtssagendes Gutachten

„Häuslebauer vor“, taz bremen vom 10. Oktober 2000

In dem Artikel steht, 60 Prozent der Bauwilligen, die Bremen verlassen haben, hätten zuerst in Bremen gesucht und erst dann anderswo gebaut. In dem Gutachten steht aber „zuerst oder auch“. Das bedeutet also, ob überhaupt auch nur ein Häuslebauer ZUERST in Bremen bauen wollte, ist dem Gewos-Gutachten nicht zu entnehmen. (Ähnlich nichtssagend war auch eine Zeitungsmeldung über Osterholz-Tenever: „1.400 Wohnungen werden saniert ODER abgerissen.“ Wie viele werden abgerissen?)

Es gibt für dieses Gebiet der Osterholzer Feldmark eine Warteliste, auf der ca. 25 Interessenten stehen. Als es um die Bebauung in Borgfeld ging, behauptete der Bausenator, viele Bauinteressierte würden nur in Borgfeld oder Oberneuland bauen wollen. Falls dieses nicht möglich wäre, würden sie nach Worpswede ziehen. (Also nicht nach Osterholz.) Die Kosten neuer Einwohner werden nie thematisiert. Ein Schüler in der Sekundarstufe Gesamtschule kostet laut Antwort auf eine grosse Anfrage der CDU über 12.000 Mark pro Jahr. Bremen gibt für konsumptive Ausgaben jedes Jahr 800 Millionen bis 1,5 Milliarden Mark mehr aus, als es einnimmt. Bei ca. 6.400 Mark Steuereinnahmen pro ungewichtetem Einwohner nach Länderfinanzausgleich müsste Bremen also 100.000 Einwohner mehr haben, um ein Defizit von 640 Millionen Mark zu schliessen.

Zudem gibt es auch Berechnungen, nach denen eine vierköpfige Familie in einem Einfamilienhaus mehr kostet, als sie einbringt. Die Stadt gibt ja leider keine offizielle Berechnung heraus. Ein Entwicklungsbereich, in dem Enteignungen sehr vereinfacht sind, darf ja nur beschlossen werden, wenn ein erhöhter Bedarf besteht. Jetzt hat aber Brinkum schon vorher einen Entwicklungsbereich mit der Begründung wachsender Bevölkerungszahlen, auch durch Einwanderung aus Bremen, beschlossen. In dem Bedarfsgutachten vom 28.2.1996 wird ausdrücklich auf die Bevölkerungsentwicklung in Bremen eingegangen. Bei der Debatte über die Entwicklungssatzung Osterholzer Feldmark wurde gesagt, Bedarf bestehe schon deshalb, weil in Brinkum ein Wohngebiet für 2.000 Wohnungen entstehe.

Fakt ist, 1997 wurden in Bremen als Reaktion auf die Vorgänge in Stuhr-Brinkum Voruntersuchungen über die Osterholzer Feldmark gestartet. Viele halten Stuhr für einen Ortsteil Bremens, der ja auch die gleiche Telefonvorwahl wie Bremen hat. Ob nun für den gleichen Personenkreis sowohl in Bremen als auch in Stuhr-Brinkum ein Entwicklungsbereich beschlossen werden darf, muss nun wohl ein Bundesgericht klären. In der taz stand, in Borgfeld würden die Eigentümer etwa 100 Mark pro Quadratmeter bekommen. Verkauft werden die Grundstücke für ca. 400 Mark. Die Bauträger rechnen mit 120 Mark Erschließungskosten inklusive Infrastruktur wie Schulen usw. pro Quadratmeter (siehe auch Gutachten im Gerichtsurteil zum Entwicklungsbereich Borgfeld). Unter Berücksichtigung der Straßenflächen müßten das also Gesamtkosten von ca. 250 Mark pro Quadratmeter Nettowohnbaufläche sein. Wer bekommt die restlichen 150 Mark pro Quadratmeter? In Stuhr-Brinkum werden inklusive Kaufpreise, Schulen, Zubringer, Hauptstraßen, Umbau westlicher Knoten, Lärmschutzwall, Landschaftsgestaltung, Kaufpreise usw. 186,60 Mark Kosten pro Quadratmeter Nettobaufläche veranschlagt. Ohne Kaufpreise ca. 105 Mark pro Quadratmeter.

Joachim Fortkamp