Arschtritt und gehen

■ Nostalgisches Jubiläum für die Väter-Generation: 25 Jahre Motörhead

Dass Rock'n'Roll zur Pose erstarrt ist, ist keine originelle Feststellung. Allerdings manifestiert sie sich in den Subgenres unterschiedlich. Was im intelligenteren Teil der Punkszene in der Klage über „CDU-Punks“ (But Alive) kumuliert, hört sich bei Motörhead-Sänger „Lemmy“ Kilmister so an: „Wenn mein Vater früher schrie, ,Stell den Scheiß ab!', wusste ich, dass das gute Musik war.“

Und heute? Schütteln die zu Vätern mutierten einstigen Rebellen den nur noch spärlich bewachsenen Kopf zu den Klängen von Motörheads „Iron Fist“. Und verachten den Musikgeschmack des hedonistischen Nachwuchses. Oder wie Herr Kilmister zu verkürzen pflegt: „Phil Lynott (1986 vestorbener Thin-Lizzy-Sänger, d.A.) ist tot und Limp Bizkit leben.“ Anders geagt: Auch in der Heavy-Metal-Szene, die inhaltlich noch nie für viel stand, ist der letzte Protest-Habitus Vergangenheit. MTV hat Gefallen an den drolligen Verrenkungen gefunden. Der Rest ist Nostalgie.

Und die lockt derzeit viele versprengte Fossile in die Hallen. Das Jahr 2000 bescherte nicht nur konsequent uninnovativen Bands wie Iron Maiden und AC/DC ausverkaufte Tourneen – auch für Motörhead war es bislang eines der erfolgreichsten in der 25-jährigen Bandgeschichte. Wenngleich drei Tonträger ausreichen, um sich ein Bild über das Wirken der Band zu verschaffen – allein in den letzten Monaten kamen drei Platten heraus, die aus der Feder des mittlerweile 54-jährigen Kilmister stammen: Neben dem etwa 13. „Best of“-Album und einer nicht minder verzichtbaren 50s-Tribute-Veröffentlichung vermochte ein Studio-Opus mit dem originellen Titel We Are Motörhead das Geld der Sammler zu absorbieren.

Die darauf enthaltene Referenz an die Sex Pistols („God Save the Queen“) wird dennoch eines der wenigen neuen Stücke sein, die das Publikum am Freitag abend zu hören bekommt, weiß doch nicht nur das Publikum, dass der Auftritt der trinkfesten Altrocker auch 7000 Jack Daniels-Flaschen – also zehn Jahre – eher hätte stattfinden können. Denn bereits damals waren „Ace Of Spades“, „Orgasmatron“ und andere Perlen schon geschrieben. Bereits damals war man stolz darauf, die „lauteste Band der Welt“ zu sein, was es noch nie erleichterte, die einzelnen Stücke voneinander zu unterscheiden. Und bereits damals war Herr Kilmister von seiner post-pubertären Prägung als Hendrixscher Gitarren-Roadie so traumatisiert, dass er den Soundcheck oft auf wenige Sekunden reduzierte. All das kann einen echten Rock'n'Roller allerdings nicht schrecken, denn das Ohr ist nicht das unverzichtbarste Körperteil bei einem Motörhead-Konzert. Findet zumindest der Maestro: „Wir kommen, treten den Leuten in den Arsch und verschwinden wieder.“ Christoph Ruf

Freitag, 19 Uhr, Docks; Supp.: Speedealer.