: Sauerstoffloch in der Elbe
BUND: Zustände wie in den 80er Jahren. Chemische Belastung verringert. Gefahrenpotential: Endokrin wirksame Stoffe ■ Von Gernot Knödler
Die schlechte Nachricht siegt: Zwar hat sich die Wasserqualität der Elbe in den vergangenen zehn Jahren stark verbessert, doch dafür wird das Sauerstoff-Loch größer. Nach Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der Elbe (Arge Elbe) wird der kritische Wert von drei Milligramm Sauerstoff pro Liter Elbwasser regelmäßig unterschritten. „Damit liegen ökologisch verheerende Zustände wie in den 80er Jahren vor“, kritisiert der Umweltverband BUND.
Der Sauerstoff fehlt in den Sommermonaten elbabwärts von Hamburg zwischen Teufelsbrück und Lühe. Vor allem lachsartige Fische, wie Forellen, Stinte und Schnäpel sind dadurch bedroht. Das Sauerstoff-Loch verhindere zum Beispiel, dass die Meerforellen zu ihren Laichgründen in den Nebenflüssen der Elbe zurückgelangen, sagt der Meeresbiologe Ludwig Tent. Überdies werde der Effekt des großen Lochs durch die Tide verstärkt, mit der es stromauf-stromab schwappt. „Das geht wie ein Radiergummi über den stationären Lebensgemeinschaften hin und her“, so Tent.
Wie der BUND hält der Biologe die Elbvertiefung, die im Dezember vergangenen Jahres abgeschlossen wurde, für eine der Ursachen des Sauerstoffmangels. Dadurch sei das Verhältnis zwischen der Wasseroberfläche und dem Gesamtwasserkörper schlechter geworden und es gelange nicht mehr genügend Sauerstoff über die Atmosphäre ins Wasser.
„Die gemessenen Sauerstoffkonzentrationen verbieten jeden weiteren Eingriff in die Tideelbe“, sagt Manfred Braasch. Eine weitere Elbvertiefung und das Zuschütten des Mühlenberger Lochs lehnt der BUND-Geschäftsführer ab.
Denn die Vertiefung verstärkt auch die Wirkung eines anderen Sauerstoff-Räubers: des Nährstoffeintrags. Dünger aus der Landwirtschaft wird in den Strom geschwemmt und lässt die Algen gedeihen. „Die so entstandene Population bricht in der Tideelbe zusammen“, sagt Tent. Wegen der Dunkelheit in der Tiefe des Stroms und des Salzgehalts sterben die Algen und werden unter Verbrauch von Sauerstoff zersetzt. Weiterer Sauerstoff bindet sich an die Sedimente, die beim Baggern aufgewirbelt werden.
Insgesamt ist die Elbe seit der Wende dennoch sauberer geworden, wie die aktuelle Längsschnittuntersuchung des Stroms ergeben hat. „Teilweise liegen die im Jahr 2000 ermittelten Konzentrationen unter der Nachweisgrenze oder sind so niedrig, dass sie sich im Vergleich zu den Werten von 1990 grafisch kaum noch darstellen lassen“, so die Arge. Die Sedimente sind jedoch noch immer stark belastet und aus dem ehemaligen Erzbergbau in den neuen Ländern kommen Schadstoffe nach.
Dazu ist ein neues Problem gekommen, das von der Wassergütestelle Elbe scharf beobachtet wird: Chemikalien, die in extrem kleinen Mengen auftreten und auf den Hormonhaushalt wirken, „endokrin wirksame Stoffe“. Das bekannteste Beispiel ist TBT. Zwar sei eine akute Wirkung dieser Stoffe nicht nachgewiesen worden, sagt Michael Begemann von der Wassergütestelle. Eine Langzeitwirkung sei aber möglich. Er verspricht: „Wir halten die Augen offen.“
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