Mimen, Soprane, Sensationen

■ Mit einem Familienkonzert beginnt heute in der Glocke die Veranstaltungssaison. Das Programm ist grell vor Highlights

Darauf sind die Glocke-Geschäftsführerin Ilona Schmiel und ihre Mitarbeiterinnen besonders stolz: In der Zeitschrift „International Arts Manager“ gibt es einen dreiseitigen Artikel über das Konzerthaus an der Domsheide. Immer seltener kommt es auch vor, so Ilona Schmiel, dass bei Anfragen von KünstlerInnen erst einmal zurückgefragt wird: „Bremen, wo liegt denn das?“ Kein Zweifel, die Glocke ist zu einem Namen und einem Begriff geworden. Nun wurde auf einer Pressekonferenz das rappelvolle Programm der nächsten Saison vorgestellt, das Programm, das außerhalb des Glockevermietungsgeschäftes konzipiert, geplant und durchgeführt wird. Generell sollen die kommunikative Arbeit noch verstärkt – die Glocke soll allen BremerInnen gehören – und die Kooperationen ausgebaut werden.

Selbstredend sind die Reihen geprägt von den Vorlieben Ilona Schmiels. Dazu zählen die Sängerportraits „Glocke vokal“, die „Familienkonzerte“ und „Glocke spezial“, eine Reihe, in der sich so allerlei tummelt, was in sich hochinteressant, aber nicht auf einen Nenner zu bringen ist. So etwa „Flamenco puro“, das selbst für die neue Leiterin des spanischen Kulturinstitutes „Instituto Cervantes“ eine Überraschung sein wird: Denn selten genug ist der authentische Urflamenco zu sehen und zu hören.

Dann kommt Lutz Görner, den man mit „Trunken von Gedichten“ zum letzten Mal erleben kann, denn er zieht sich von der Bühne zurück. Es kommt wieder Max Raabe mit seinem Palastorchester, und die fremde Welt der geheimnisvollen „Peking-Oper“ darf in der neuen Saison noch einmal erlebt werden. Der Rezitator Hans Kemner serviert ein „Lyrical“, das er zusammen mit dem Jazz-Pianisten Jan Christoph spricht und spielt, und nennt es „die leise Alternative“.

Es spricht für Ilona Schmiel, dass sie in der Reihe „Glocke vokal“ nicht nur Erstklassiges, sondern auch Ungewöhnliches bietet. So das Konzert des Sopranisten (ja!) Arno Raunig, der seine Stimme so trainiert hat, dass er das dreieinhalb Oktaven umfassende Repertoire des italienischen Kastraten Farinelli (1705-1782) singen kann. „Das hat mich so unglaublich geärgert, dass in dem berühmten Film über Marinelli seine Stimme von zwei verschiedenen Sängern gesungen wird, noch dazu von einem Frauen- und einem Männersopran“, erzählt er, „ich wollte das können“. Aber er vergisst auch nicht, zu erzählen, wie er sich als Wiener Sängerknabe über einen der ersten Männersoprane, Paul Esswood, lustig gemacht hat.

Eine weitere Rarität – für ganz Deutschland, denn nur in Bremen wird dieses Konzert gespielt – ist der Auftritt von Cecilia Bartoli, die einmal mehr ihrem Namen allein deswegen alle Ehre macht, weil sie sich nicht mit dem Vorführen ihrer phänomenalen Gesangskunst begnügt. Nachdem sie letztes Jahr Arien von Vivaldi, zum Teil aus Handschriften, vorgestellt hat, singt sie dieses Mal die letzte Oper von Joseph Haydn: „Orpheus und Eurydike oder die Seele des Philosophen“ (mit der Academy of Ancient Music unter der Leitung von Christopher Hogwood).

Die Familienkonzerte, die an diesem Wochenende mit einem Konzert des Internationalen Jugendsymphonieorchesters unter Heiner Buhlmann glanzvoll eröffnet werden, finden wieder mit vielen neuen Ideen statt: Zum Beispiel, wenn Christian Hommel und Wolfgang Rüdiger von der Hochschule für Künste mit „Musik ist los“ „einen Streifzug durch das 20. Jahrhundert“ anbieten. Das Philharmonische Staatsorchester ist mit einer „Orchesterolympiade“ dabei: Wer spielt am schnellsten, wer kann den tiefsten Ton, wer den höchsten, und welches Instrument ist am lautesten?

Gut angekommen bei den BremerInnen sind auch die wechselden Kunstausstellungen der Bremer Privatgalerien: Fünf Ausstellungen werden die Wände der Glocke schmücken, und es werden Dikussionen mit den KünstlerInnen angeboten. Ute Schalz-Laurenze

Konzert mit dem Internationalen Jugendsymphonieorchester heute, Samstag, um 20 Uhr in der Glocke. Auf dem Programm: Werke von Haydn, Geddes und Rachmaninov