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Verschieden in der Nische

Linkes Stadtmagazin HH 19 ist pleite. November-Ausgabe erscheint nicht mehr. Insolvenzverfahren wurde bereits eingeleitet  ■ Von Kai von Appen

Es galt mal als ein Stachel in der politischen Landschaft: Das Stadtmagazin HH 19 sorgte in der Hamburger Politik im vergangenen Jahrzehnt oft für Aufsehen. Doch wer in diesen Tagen in Cafés und Läden nach der November-Ausgabe ausschaut, wird enttäuscht. HH 19 hat sein Erscheinen eingestellt, Geschäftsführer Peter Gutzeit hat das Insolvenzverfahren eingeleitet.

Gegründet wurde das Blatt Anfang der 90er Jahre in den Nachwehen Eimsbütteler Häuserkämpfe als Stadtteilmagazin. Nach Hausbesetzungen in Emilien-, Müggenkamp- und Tegethoffstraße fand sich 1991 eine Gruppe zusammen, um eine linke Zeitschrift für Eimsbüttel zu machen – damals noch postalisch „2000 Hamburg 19“.

Schnell mauserte sich die zunächst unregelmäßig erscheinende Publikation zu einem ernstzunehmenden Monatsperiodikum – zunehmend wurden Themen und Missstände aus der gesamten Stadt aufgegriffen und das Verbreitungsgebiet immer weiter ausgedehnt.

Dabei landeten die Blattmacher manche Volltreffer. So deckte HH 19 nach einer Bodenprobenentnahme die Umweltverschmutzung durch eine Hamburger Batterriefabrik auf oder thematisierte die Wohnungsnot und die Umwandlungspraktiken von Miet- in Eigentumswohnungen vor allem durch Tarnfirmen von Scientologen.

Das Blatt prangerte die Hamburger Morgenpost wegen ihrer „Modell“-Anzeigen „als größten Zuhälter Hamburgs“ an oder deckte die Affäre um den Arbeitsbehörden-Amtsleiter Uwe Riez auf, die auch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Filz nachhaltig beschäftigte. Die Strafanzeigen von Riez gegen das Blatt wegen falscher Anschuldigungen wurden niedergeschlagen.

1997 kämpfte HH 19 mit Sondernummern um den Erhalt des Hafenkrankenhauses oder enthüllte im Mai 1998 eine Drucksache des grünen Stadtentwicklungssenators Willfried Maier über repressive Drogenpolitik in St. Georg, welche GAL-Fraktionsvize Anna Bruns als „Grünes Bettlerpapier“ verriss und die sie zum Austritt aus Partei und Bürgerschaft veranlasste.

Trotz einer Auflage von zuletzt 25.000 Exemplaren bei 48 Seiten Umfang im Vierfarbdruck krankte es aber bei dem nur durch Anzeigen finanzierten Magazin immer am lieben Geld. „Es lief finanziell nie gut“, sagt Blattmacher Jörn Breiholz: „Immer sehr viel Arbeit für wenig Geld.“ Und die zuletzt zwei Angestellten sowie die AutorInnen mussten auch bezahlt werden.

Trotz der Ausweitung des Kulturanteils geriet das Politmagazin als „Nischenprodukt“ im immer härter umkämpften Anzeigenmarkt und durch immer mehr kostenlose Programm- und Kinoheftchen weiter in den Abwärtsstrudel. Der Trend der Zeit? „Die Leute lesen lieber etwas über die neuesten Computer oder Handys“, so Breiholz. Der Schuldenberg wuchs in den sechstelligen Bereich, und auch eine Anzeigenakquise mittels Dumpingpreisen brachte keinen finanziellen Aufschwung. Bei einem Brainstorming mit Betriebswirtschaftlern dann die Notbremse. „Wir kamen zur Erkenntnis, dass HH 19 so nicht mehr zu finanzieren ist“, erklärt Breiholz. Und Geldgeber für die Zeitschrift waren nicht aufzutreiben.

Trotz der Ernüchterung sieht Breiholz mit gewissem Stolz auf die neun Jahre zurück: „Ich glaube schon, dass wir ein Stück Hamburger Pressegeschichte geschrieben haben,“ so sein Resümee: „Man wird HH 19 vermissen.“

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