: Dramatische Kursverluste
Während Borussia Dortmund nach dem 2:6 bei Bayern München herbe Einbußen im Parketthandel verzeichnet, plant Manager Uli Hoeneß die feindliche Übernahme der gebeutelten Konkurrenz
aus München GERALD KLEFFMANN
Am Samstagabend kam es zu erheblichen Turbulenzen auf dem Spielfeld des Münchner Olympiastadions. Zwischen 20.15 Uhr und 22.00 Uhr Ortszeit erlebte die Mannschaft des Fußball-Bundesligisten BVB 09 Borussia Dortmund AG dramatische Leistungseinbrüche. Sein Gegner dagegen, der FC Bayern München e.V., konnte einen enormen spielerischen und kämpferischen Aufschwung verzeichnen.
Der 6:2-Sieg der Gastgeber hatte aber nur marginale Auswirkungen auf die Tabelle in Deutschlands höchster Klasse. Dortmund schloss mit 16 Punkten und 19:28 Toren und bleibt trotz einer Abwärtsbewegung im Mittelfeld (vor Ende der Tabellennotierung des 11. Spieltages auf Platz sieben). München zog nur wenig an und kletterte von Rang drei auf zwei, mit 22 Punkten und 32:14 Toren.
Unmittelbar nach Ende der Partie verkündete einer der leitenden Gesellschafter von Borussia Dortmund, Trainer Matthias Sammer, dass sein Team „kein Mitleid vom Gegner“ für den Kurseinbruch erhalten wolle. Mitleid bekomme man geschenkt, sagte er, und deshalb nehme man dies nur ungern an. Analysten schlossen daraus, dass Mitleid somit zumindest knapp schwächer notiert als der Kurs der BVB-Aktie momentan (9,95 Euro; Ausgabekurs vom vergangenen Dienstag: 11 Euro).
Erfreulicher tendierten andere Gefühle. Bei den Börsianern profitierten Trauer, Enttäuschung und Konsterniertheit (nach drei Bundesligaspielen ohne Punktgewinn verständlich), was nach den gezeigten 90 Minuten mehrheitlich zu erwarten war. Alfred Nijhuis, noch etwas unerfahren mit Agio und Disagio, wies einsichtig auf eine renditebezogene „Vorführung“ der Münchner hin. Jörg Heinrich, der in der 84. die gelb-rote Karte erhielt und nun Insolvenz für das nächste Spiel gegen das hauptstädtische Unternehmen Hertha BSC Berlin beantragen muss, sprach von einem „rabenschwarzen Tag“ in seiner Karriere. Ob dieser sogar schlimmer war als der schwarze Freitag von 1923 konnte er nicht sagen. Dafür entschuldigte sich der Aktionär nach seinem Foul beim eingetragenen Vereinsmitglied Mehmet Scholl (Trikotnr. 7), was den völligen Einbruch seines Kurses immerhin verhinderte.
Dabei hatte Dortmund die Partie positiv eröffnet, als Heiko Herrlich in der zweiten Minute aus vier Metern Vollzug meldete und für Euphorie bei den Anlegern sorgte. Einem möglichen Wachstumssegment in der Tabellennotierung wirkte aber die Reaktion des FC Bayern entgegen. Giovane Elber, Hasan Salihamidzic und vor allem Mehmet Scholl zeigten sich rasch erholt, letzterer von einer Schwächung mit „zwei, drei Tagen Fieber“, und zogen das Spiel kräftig an. Dem lustlosen Handel der Borussen in der Abwehr begegneten die drei mit Insiderwissen, kombinierten wie einst André Kostolany auf dem Frankfurter Parkett und produzierten mächtigen Umsatz.
Während Dortmund sich „keine Krise einreden“ will (Nijhuis) und auf Impulse im Zukunftsmarkt „Neue Energie“ hofft (Sammer: „Müssen hart trainieren“), erreichte bei den Münchnern der Index Rekordhöhe. Für Spekulant Oliver Kahn, auch Torwart seiner Belegschaft (in die BVB-Aktie hat er nicht investiert, denn Kahn ist kein Dummer), war es „das Beste, woran ich mich seit langem erinnern kann“. Auch Wurstfabrikant Uli Hoeneß, nebenbei Manager beim FC Bayern, zeigte sich erholt und gab bekannt, „solche Tage“ zu nutzen, um „wieder andere Dinge in den Kopf“ zu bekommen.
Gerüchten zufolge plant er, sich finanziell am Unternehmen BVB zu beteiligen. Experten werten dies als klares Indiz einer feindlichen Übernahme. Zudem Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge andeutete, dass die Situation endlich wieder „Bayern-like“ in Deutschland werden müsse. Die Meinungen dazu tendieren allerdings uneinheitlich. Bis auf die Fans in der Südkurve des Olympiastadions – dort sangen sie gefestigt: „Scheeeiiß Aktionäre!“
Bayern München: Kahn - Sagnol, Andersson, Sforza, Tarnat - Salihamidzic, Jeremies (67. Strunz), Fink - Scholl (85. Santa Cruz) - Elber, Sergio (67. Zickler) Borussia Dortmund: Lehmann - Wörns, Nijhuis, Heinrich, Metzelder - Evanilson (60. Ikpeba), Addo, Ricken, Dede - Herrlich, Reina (74. Tanko) Zuschauer: 62.000; Tore: 0:1 Herrlich (2.), 1:1 Salihamidzic (7.), 2:1 Elber (10.), 3:1 Scholl (39.), 4:1 Scholl (59.), 5:1 Sergio (63.), 5:2 Addo (71.), 6:2 Salihamidzic (83.)Gelb-Rote Karte: Heinrich (84.)
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