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Geplante Unattraktivität der Bahn

betr.: „Die Bahnpleite“, taz vom 6. 11. 00

Das Desaster der Bahn AG war vorhersehbar, weil die Politik gemeinsam mit dem Management der Bahn AG versagte. Das beste Beispiel ist in Thüringen der Umbau des Erfurter Hauptbahnhofs zu einem ICE-Bahnhof und der Bau der ICE-Strecke von Erfurt nach Nürnberg. Die Umbauvariante für den Erfurter Hbf ist für eine Landeshauptstadt mit knapp 200.000 Einwohnern zu groß geraten. Es gibt einen preiswerteren Vorschlag, der gleichzeitig die architektonischen Besonderheiten berücksichtigt. Prestigeobjekte sind es, die der Bahn AG kostenseitig zum Problem geworden sind. Daran haben auch arrogante Landes- und Städtefürsten ihren Anteil, die sich ein Denkmal setzen wollen.

Die Teilabschnitte Berlin–Halle und Halle–Erfurt haben einen Sinn, weil die bisherigen vorhandenen Bahnverbindungen erweitert bzw. entlastet werden. Der teuerste Abschnitt ab Erfurt durch den Thüringer Wald bis nach Nürnberg bringt keine Entlastung vorhandener Bahnverbindungen. Bedingt durch die wenigen Haltepunkte entsteht keine bessere Anbindung der Region Südthüringen an das Bahnnetz, potenzielle Bahnkunden aus dieser Region werden nicht erreicht. Die von der ICE-Strecke betroffenen Landkreise sprechen sich für einen Alternativvorschlag wegen der besseren Anbindung ihrer Landkreise aus.

Die bereits vorhandenen Bahnverbindungen verkommen langsam, weil nicht in dieses Schienennetz investiert wird. Kurz nach der gesellschaftlichen Wende wurde z. B. die Bahnstrecke Erfurt–Schweinfurth IR-tauglich ausgebaut, wird jetzt aber nur von RE-Zügen befahren. Die ehemals durchgehende Bahnverbindung von Erfurt nach Magdeburg wurde in Sangerhausen gebrochen. Die Bahnnutzer bekamen bis jetzt keine einleuchtende Begründung dafür zu hören. Derartige Entscheidungen haben nur den Sinn, Bahnfahren unattraktiv zu machen. RALF KUKE, Erfurt

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