: Kein Sinn für Karneval
■ HSV verliert am elften Elften beim Aufsteiger in Köln, aber Lienen lockert das Alkoholverbot nicht
Seit eineinhalb Jahren müht sich der Ostwestfale Ewald Lienen, die Mentalität des Kölners „an sisch“ zu begreifen. Aber dass er nun noch im November das strenge Alkoholverbot für seine Spieler lockern solle? Nur weil die gerade den HSV mit 4:2 abgefertigt hatten? Nur weil der Kölner im elften Elften (Karnevalsbeginn, Anmerkung der Red. für hansestädtische Ostwestfalen im Geiste) die Lizenz zum Besäufnis sieht? Niemals: „Wenn wir jetzt schon feiern, in welchem Zustand sind wir dann im März?“
Womöglich in einem ebensolch beklagenswerten wie der HSV am Samstagnachmittag. Lustlos stapfte der über den Rasen und insbesondere der Ex-Bielefelder (Ostwestfalen!) Ronald Maul tat alles, um die Leidensmiene von Coach Frank Pagelsdorf in die Nähe der Leichenstarre changieren zu lassen: Ein Fehlpass hier, ein Stellungsfehler da und nach 48 Minuten stand es 3:0 für die Hausherren (Timm, Kurth, Lottner).
Zur Freude der 40.000 Karnevalisten (und des ostwestfälischen Trainers) änderte sich auch in der Folgezeit nichts an deren Überlegenheit. Zwar konnten Barbarez (61.) und Yeboah (68.) noch auf 2:3 verkürzen, doch selbst die gelb-rote Karte für den Kölner Jens Keller vermochte dem HSV-Kick nicht den entscheidenden Kick zu verleihen. Stattdessen sorgte Lottner für den 4:2-Endstand (86.)
Nach dem Schlußpfiff entpuppten sich dann auch 40 der 2.000 mitgereisten HSV-Fans als wahre Karnevals-Hasser. Nicht nur, dass sie „op e schäle Sick“ nach Düsseldorf zogen. Dort hielten sie auch noch eine Gruppe Bayern-Fans (hatten in Schalke verloren) durch Gläser-Würfe davon ab, ihren Frust im Alkohol zu ertränken. Dass die ungehalten reagierten, veranlasste wiederum die Polizei dazu, 28 mal die Handschellen klicken zu lassen. „Hände zum Himmel“ auf hanseatisch? Karneval ist wohl doch nicht jedermanns Sache. Was Lienen schon immer wußte. ruf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen