: Zipperlein und Hexenschuss
PhysiotherapeutInnen verdienen Geld mit den geschundenen Körpern ihrerMitmenschen. Ihre Situation auf dem Arbeitsmarkt ist jedoch schlechter geworden
Während in vielen europäischen Ländern schon lange Physiotherapeuten arbeiten, wurde dieser Beruf hierzulande noch bis 1994 als „Krankengymnast“ bezeichnet. Inzwischen hat sich die Bezeichnung „Physiotherapeut“ auch in Deutschland durchgesetzt. Physiotherapeuten haben vorrangig die Aufgabe, ärztlich verordnete Bewegungstherapien mit Patienten durchzuführen und die Patienten (etwa nach Unfällen) dabei zu unterstützen, ihre ursprüngliche Bewegungsfähigkeit wiederzuerlangen.
Die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig und beinhalten gezielten Muskelaufbau des Patienten und Haltungsübungen, aber auch den Einsatz schmerzlindernder Anwendungen wie Massagegriffe oder Elektrotherapie. Der Physiotherapeut entwirft einen Therapieplan und dokumentiert die Fortschritte des Patienten. Im Idealfall sprechen sich Arzt und Krankengymnast über Art und Dauer der Therapie ab.
Wer in Berlin eine Ausbildung zum Physiotherapeuten machen möchte, sollte sich frühzeitig bewerben, um einen Platz auf einer Schule seiner Wahl zu bekommen. Voraussetzungen sind neben gesundheitlicher Eignung die Vollendung des 17. Lebensjahrs und ein Realschulabschluss. Wer einen Hauptschulabschluss hat, muss entweder eine zweijährige abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen oder zwei Jahre lang eine weiterführende Schule besucht haben.
Die Ausbildung in Theorie und Praxis dauert drei Jahre. Häufig sind die Schulen an ein Krankenhaus angegliedert, wo der praktische Teil der Ausbildung stattfindet. Schulen, die sich nicht im Krankenhaus befinden, sind verpflichtet, die praktische Ausbildung an Krankenhäusern oder geeigneten medizinischen Einrichtungen sicherzustellen.
Ausbildungsstätten für Krankengymnasten werden staatlich oder privat finanziert. Während der Schüler an staatlichen Schulen nur die Kosten für Bücher und Lehrmaterial tragen muss, kostet die Ausbildung an privaten Schulen um die 700 Mark im Monat. Wer eine private Schule besuchen will, sollte also gut überlegen, ob er sich die Ausgaben über den gesamten Zeitraum der Ausbildung leisten kann. Die Abschlussprüfung ist für Absolventen beider Schularten dieselbe.
Beim Aufnahmeverfahren entscheidet haupsächlich die rechtzeitige Bewerbung. Auch die vorherige Ausbildung kann eine Rolle spielen, wenn sich die Schule zwischen mehreren Bewerbern entscheiden muss. Wer schon eine Ausbildung zum Bademeister oder Masseur hat, kann nach eineinhalbjähriger Ausbildung mit Abschlussprüfung als Physiotherapeut arbeiten.
Da sich das Arbeitsamt nach der Wende verstärkt um die Ausbildung von Physiotherapeuten bemüht hat, ist der Markt besonders in Berlin inzwischen gesättigt. Torsten Mekelburg, der zweieinhalb Jahre als selbstständiger Physiotherapeut in einer Gemeinschaftspraxis in Treptow gearbeitet hat, sieht gute Berufschancen für hoch qualifizierte Absolventen und solche, die bereit sind, auch ein niedriges Gehalt in Kauf zu nehmen.
Die hochwertige Ausbildung und die anspruchsvollen Prüfungen bereiten zunächst auf den Beruf vor. Um jedoch eine eigene Praxis eröffnen zu können, muss der Physiotherapeut zur abgeschlossenen Ausbildung zwei Jahre Praxis im Beruf vorweisen. Der Verdienst als selbstständiger Therapeut macht nicht reich, aber „man verdient seine Schrippen“, sagt Mekelburg.
DOROTHEE CHLUMSKY
Infos: Verband für Physiotherapie. Der Landesverband Berlin ist unter folgender Adresse zu erreichen: Müllerstraße 56–58, 13349 Berlin Telefon: (0 30) 4 51 79 57, Fax: (0 30) 4 51 82 31.Internet: www.zvk-lv-berlin.de
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