tatort und ich III: Puff oder Swingerclub?
Gibt es eigentlich etwas Einfacheres, als das Drehbuch für einen TV-Krimi zu verfassen? Offensichtlich werden die Autoren nur von einer einzigen Frage gequält: Puff oder Swinger-Club? Denn inzwischen gehört es ja zum guten Ton, dass im Laufe der Handlung mindestens einmal in so einen geheimen Ort der Lust geblickt wird.
Schließlich geht’s – das weiß der geübte Zuschauer – beim Killen oft genug um den verpassten Koitus. Um unterdrückte Obsessionen und fehlgeleitete Triebe. Vor allem der Münchner „Tatort“ lässt schon seit geraumer Zeit keine sexuelle Anomalie aus.
Trotzdem schauen die Kommissare immer wieder mit großen Kinderaugen in die Kellerräume menschlichen Verlangens – egal, ob sie nun bei einer Razzia eine Stripbar hopsnehmen oder sich bloß an bizarren Videos weiden.
Die Folge „Liebe, Sex, Tod“, die zum ersten Mal 1997 zu sehen war, bildet da keine Ausnahme. Da ist alles drin: Voyeurismus, Foltersex sowie ein Mann, der lieber eine Frau wäre und deshalb in Kleidern morden muss. Das hat man alles schon mal gesehen, und die technische Ausführung des Traumathrillers ist äußerst dürftig. Trotzdem gibt es ein paar Momente von entwaffnender Offenheit, die man ansonsten in dem ach so aufgeklärten bayerischen „Tatort“ vermisst: Die beiden Ermittler stehen unter Triebstau, machen beim Kampf um eine Frau eine schlechte Figur und müssen dann auch noch über die Videoüberwachungsanlage eines Swinger-Tempels ihrem belächelten Kollegen dabei zuschauen, wie er Spaß im Bett hat. Am nächsten Tag mäkeln sie ihn missmutig an, als hätte er sich mal wieder eine Weißwurst in der Büro-Mikrowelle warmgemacht. Da ist Sex ausnahmsweise das, was er sonst nie beim Tatort sein darf: die normalste Sache der Welt. CB
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