: Leichtes Spiel für Röber-Elf
Hertha BSC straft Eintracht Frankfurt mit einem 4:0-Auswärtssieg ab. Nach der Niederlage gegen Schalke und dem Unentschieden im Uefa-Cup wird Hertha wieder als „europäische Spitze“ gerühmt
aus Frankfurt FALK BORNEMANN
Irgendwann, es muss Anfang der zweiten Halbzeit gewesen sein, ließen die beiden Hertha-Fans in Block fünf der Haupttribüne des Frankfurter Waldstadions alle Zurückhaltung fahren. Als der x-te Fehlpass der zusehends mutloseren Gastgeber ins Seitenaus kullerte, da klatschte das Duo ausgelassen Beifall. „Hurra, das ganze Dorf ist da“, pulte das Häuflein blau-weißer Kutterträger im Gästeblock genüsslich in der Wunde der Gernegroßstädter vom Main. Und ein Vater belog seinen Sohn im Grundschulalter nach bestem Wissen und Gewissen. Als die Eintracht-Fans ihrem Unmut über den das Spiel wohl endgültig entscheidenden Platzverweis gegen den jungen Christoph Preuß mit den handelsüblichen Beleidigungen an die Adresse des Unparteiischen Luft machten, beschied der Vater den fragenden Filius wahrheitswidrig, er verstehe auch nicht, was da gerufen werde.
Es blieb genug Muße für erzieherische Feinarbeit an diesem Samstag. Kaum einer unter den 32.000 Zuschauern konnte sich des Eindrucks erwehren, dass unten auf dem Rasen die Messe bereits nach zwanzig Minuten gesungen war. Wohl selten dürfte der zuletzt schwächelnden Hertha das Siegen auf des Gegners Platz so einfach gemacht worden sein. So leicht sei es ihm noch nie gefallen, in Frankfurt zur Pressekonferenz zu gehen, sagte ein entspannter Jürgen Röber nach dem locker herausgespielten Auswärtssieg – dem ersten der Berliner im Waldstadion seit mehr als 20 Jahren.
Der Hertha-Trainer hat gut lachen. Wer geglaubt hatte, die ohne Beinlich, Wosz, Alvez und Daei angetretenen Hauptstädter würden sich mangels eigener Kreativzentrale eines Übergewichts der Gastgeber im Mittelfeld zu erwehren haben, sah sich getäuscht. Das Kombinationsspiel der Eintracht kam erst gar nicht auf Touren. Was auch immer einer der vorwiegend klein gewachsenen Männer in Schwarzrot mit dem Spielgerät anzustellen versuchte, sein ihn zumeist um einen Kopf überragender Gegenspieler hieb ebenso resolut wie erfolgreich dazwischen. Dass Kopfbälle der bevorzugt fürs Toreverhindern bezahlten Hertha-Angestellten Dick van Burik und Kostas Konstantinidis die Partie frühzeitig zu Gunsten der elf gastierenden Leichtathleten entschieden, war irgendwie folgerichtig.
Die Frankfurter fügten sich seltsam bereitwillig in ihr Schicksal. Eintracht-Schlussmann Dirk Heinen sprach nach der Partie respektvoll von der „europäischen Spitzenmannschaft“ Hertha BSC. Sein als Spielgestalter an diesem Tag ebenso einsamer wie überforderter Teamkollege Horst Heldt assistierte, man dürfe „nicht vergessen, dass die Berliner auch ohne Wosz und Beinlich exzellente Fußballer haben“. Eintracht-Trainer Felix Magath quittierte die 0:4-Schlappe nach außen gar mit einer gewissen Erleichterung. „Bärenstark“ hatte Magath die Herthaner gesehen, die nach der Roten Karte für Preuß Torchancen herausspielten, die ausgereicht hätten, ein halbes Dutzend Spiele zu entscheiden.
Dass ausgerechnet der im beinharten Hertha-Fansegment nicht gerade vergötterte Michael Preetz das Ergebnis dem Spielverlauf entsprechend aufpolsterte, passte zu den vielen Merkwürdigkeiten an diesem trüben Novembernachmittag. Dabei hatte sich der ungeliebte Torjäger bis zu seinen beiden Treffern in der Schlussphase eigentlich alle Mühe gegeben, Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker zu leiten. Fahrlässig bis tolpatschig versiebte er beste Möglichkeiten. Doch die Kollegen, nicht zuletzt der mit zunehmender Spieldauer eindrucksvoll aufdrehende Sebastian Deisler, versorgten den zuletzt formschwachen Stürmer so hartnäckig mit Vorlagen, dass dem auch angesichts einer nurmehr rudimentär vorhandenen Gegenwehr der Eintracht letztlich nichts anderes übrig blieb, als die Einladungen dankend anzunehmen.
Eintracht Frankfurt: Heinen - Hubtschew - Bindewald (46. Sobotzik), Kracht - Wimmer, Schur, Heldt, Branco, Preuß - Fjörtoft, ReichenbergerHertha BSC: Kiraly - Rehmer, van Burik, Schmidt - Deisler (87. Marx), Dardai (86. Köhler), Konstantinidis, Tretschok, Hartmann - Sverrisson, Preetz Zuschauer: 32.000; Tore: 0:1 van Burik (18.), 0:2 Konstantinidis (21.), 0:3 Preetz (82.), 0:4 Preetz (87.); Rote Karte: Preuß (Eintracht Frankfurt) wegen Notbremse (64.)
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