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Arsen sickert ins Grundwasser

Bürgermeister schlägt Alarm: Aus der Deponie Wannsee gelangen täglich 300.000 Liter giftige Sickerwässer ins Grundwasser. Senat: Aufregung ist „nicht nachvollziehbar“

Die Umweltgefahren, die von der undichten Mülldeponie Wannsee ausgehen, sind möglicherweise größer, als bisher angenommen. Die größte Umweltaltlast der Stadt beeinträchtigt nicht nur den angrenzenden Griebnitzsee, in den kontaminiertes Regenwasser fließt; auch das Grundwasser ist durch Gifte wie Arsen und Nickel gefährdet. Gestern schlug der Zehlendorfer Bürgermeister Klaus Eichstätt (CDU) Alarm: Täglich gelangten bis zu 300.000 Liter giftige Sickerwässer aus der Deponie ins Grundwasser.

Seit Jahren streiten sich die Senatsumweltverwaltung und die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) über die Kosten der Deponiesanierung. Eichstätt ist sauer: „Die Tatenlosigkeit der Senatsverwaltung hat den Schaden größer werden lassen.“ Jetzt müsse auch das Grundwasser behandelt werden, weil eine ordnungsgemäße Abdeckung der Deponie in den letzten Jahren versäumt wurde.

Der zuständige Abteilungsleiter in der Umweltverwaltung, Manfred Breitenkamp, kann die Aufregung „nicht nachvollziehen“. Zwar sei die Gefahr gegeben, dass Regenwasser in das Grundwasser unter der Deponie versickere – obwohl die Deponieplaner in den 50er-Jahren die Mergelschicht zunächst für undurchlässig gehalten hatten. „Aber die Zahlen von Herrn Eichstätt kann ich nicht nachvollziehen.“ Ein Gutachten habe zudem ergeben, dass kontaminiertes Grundwasser frühestens in 1.500 Jahren an einem nahen Wasserwerk anlangen könne.

Der Senat hat nach Breitenkamps Angaben bereits einen „ersten Erfolg erzielt“. Mit der BSR sei vereinbart worden, das Grundwasser in der Umgebung der Müllkippe zu überprüfen. Bereits im August sei begonnen worden, Beobachtungsrohre in das Grundwasser zu graben. Die Kosten in Höhe von 1 Million Mark trägt die BSR.

Im Fall der Oberflächenabdichtung will der Senat bis Ostern eine außergerichtliche Einigung mit der BSR erzielen. Die Umweltverwaltung hatte bereits eine Sanierungsanordnung getroffen, gegen die die BSR gerichtlich vorgeht. Kernstück einer Einigung ist, dass die Deponie nicht insgesamt, sondern nur an durchlässigen Stellen kleinflächig abgedichtet werden soll. Der Senat geht von Kosten in Höhe von 20 Millionen Mark aus.

„Wir sind handlungswillig und -fähig“, betonte gestern eine BSR-Sprecherin. Die aufgeregte Debatte sei nicht zu verstehen. Derzeit verhandle man intensiv mit dem Senat. „Klar ist, dass etwas getan werden muss.“ Das Ganze müsse aber auch finanzierbar sei – egal ob der Gebühren- oder der Steuerzahler letztlich dafür aufkommen müsse. RICHARD ROTHER

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