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Der Kredit für Nachfolgereaktoren der Tschernobyl-AKW in der Ukraine ist bewilligt. Die Deutschen haben sich bei der Abstimmung enthalten und enttäuschen damit Umweltschützer. Für den Bau braucht die Ukraine aber noch mehr Kredite

von MAIKE RADEMAKER

Mit der Enthaltung des deutschen Exekutivdirektors bewilligte gestern das Direktorium der Osteuropabank (EBRD) der Ukraine einen Kredit in Höhe von 460 Millionen Mark. Damit kann das Land die beiden Reaktoren Khmelnitzky 2 und Rivne 4 (K2/R4) fertigstellen. Der Kredit wurde unter Bedingungen gestellt, wie der Durchführung einer Reform des Energiesektors in der Ukraine. K2/R4 gelten als Nachfolgereaktoren für das AKW Tschernobyl, das am 15. Dezember endgültig vom Netz genommen werden soll. Um den Bau der zu 80 Prozent fertigen Reaktoren zu beenden, braucht die Ukraine weitere Kredite. Experten gehen davon aus, dass der in Aussicht gestellte Kredit in Höhe von 1,1 Milliarden Mark von Euratom und Bürgschaften nun ebenfalls bewilligt wird.

In Anlehnung an die deutsche Haltung hat sich auch Italien als weiteres G-7-Land enthalten. Alle anderen G-7-Länder stimmten zu. Gegen die Bewilligung haben neun Länder gestimmt, darunter die Niederlande und Österreich. Eine Neinstimme der Deutschen hätte die Bewilligung rein rechnerisch nicht verhindern können. Umstritten ist das K2/R4-Projekt, weil die Wirtschaftlichkeit bisher nicht erwiesen ist, die Reaktoren als nicht sicher gelten und das Land ohnehin zu viel Strom produziert.

Basis für die Kreditvergabe ist eine 1995 geschlossene Vereinbarung zwischen den G-7-Staaten und der Ukraine, bei der dem Land Ersatzkapazitäten für die Schließung des Tschernobyl-AKW versprochen wurden. Allerdings wurde dabei nicht festgehalten, dass Atomkraft als Ersatz gestellt werden muss. Bemühungen der rot-grünen Koalition, die ukrainische Regierung von anderen Energieformen zu überzeugen, wurden von dieser wiederholt abgelehnt. Präsident Leonid Kutschma befürchtete, damit weniger Geld für sein wirtschaftlich darniederliegendes Land zu bekommen oder in die Abhängigkeit russischer Gaslieferungen zu geraten. Wegen der schweren wirtschaftlichen Probleme wurde ein Kredit des Internationalen Währungsfonds sowie die Vergabe von Bürgschaften einiger Länder eingefroren.

Umweltschützer sind zutiefst enttäuscht von der deutschen Haltung. Sie sehen in dieser Position einen Widerspruch zu einem im April 1999 gefassten Beschluss im Bundestag. In dieser Resolution hieß es, die Bundesregierung werde sich gegen eine Kreditbewilligung einsetzen. „Sich dagegen einzusetzen kann nicht heißen, dass man sich enthält“, sagte Tobias Münchmeyer, Atomexperte von Greenpeace. „Damit wurde das erste Mal von einer internationalen Entwicklungsbank der Bau eines AKW unterstützt“, bewertete Christoph Benze von der Organisation Urgewald die Bewilligung.

Die Grünen hatten sich in der regierungsinternen Diskussion gegen eine Bewilligung geäußert, der Enthaltung aber zustimmen müssen. Laut Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der Grünen, führten diplomatische Gründe und Verpflichtungen gegenüber der Ukraine zu diesem Entschluss.

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