: kaiserpalast
Der Bau eines neuen Fußballstadions in München ist beschlossene Sache. Franz Beckenbauer wollte es so. Die Stadt München und das Land Bayern folgten ihm. Selbst 1860 München macht mit, wenn auch greinend. Sie alle werden insgesamt 350 Millionen Mark aufbringen (Stadt: 200; Staat: 100; FC Bayern und die Löwen: 50). Doch erregte Gegner des Neubaus und Anwohner von München-Fröttmaning – neben dem Gelände der Zentralen Hochschulsportanlage einer der möglichen Standorte – schimpfen über das „Stadionmonster“, das der taz als Reproduktion bereits vorliegt und in seiner konsequenten Auslegung sowie mit der Komplettüberdachung an ein betondick ummanteltes ukrainisches Atomkraftwerk erinnert (im Hintergrund der Olympiaturm). Die aufgebrachte Menge echauffiert sich also vorausblickend über „die allwöchentliche Überschwemmung mit tausenden aufgeheizter Fans, Vandalismus und Abfalllawinen“. 1860-Boss Karl-Heinz Wildmoser treibt die Angst um, das Stadion könne auf den Namen „Franz-Beckenbauer-Arena“ hören. In diesem Fall würde 1860 nämlich nicht mehr mitmachen. „Wir wollen kein Untermieter des FC Bayern sein“, sagt Wildmoser. Vom bajuwarischen Zwist mal abgesehen, möchte München natürlich als spielerischer Mittelpunkt der Franziade 2006 herhalten.
„Die WM rückt immer näher, die Zeit läuft uns davon“, warnte der Kaiser beim fünften und entscheidenden „Stadion-Gipfel“ am Dienstag. Seine Worte trafen Bürgermeister Christian Ude (SPD), Landesvater Edmund Stoiber (CSU) und jeden halbwegs heimatliebenden Bayern ins Mark wie einst Tschernobyls radioaktive Strahlung. Der Kaiser bekommt seinen Palast, was angesichts der hitzigen Debatte im weiß-blauen Freistaat keine Selbstverständlichkeit war. Traditionalisten und Freunde geschwungener Baldachine stemmten sich mit aller Kraft gegen eine Modernisierung des Olympiastadions, das zuletzt nach den Plänen des so genannten Konsensmodells für 400 Millionen adaptiert werden sollte. Als aber Beckenbauer einer vom Münchner Stadtrat verabschiedeten „Billiglösung“ (140 Millionen) seinen Segen verweigerte und die Architekten überdies vom Konsensmodell abrückten, war der Weg frei und der Boden bereitet – für Franzens Fundamente. FOTO: AP
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen