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kuhlbrodt berichtetWie schütze ich mich vor ungewollten Filmnebenwirkungen?

Ich kann Schweine gut verstehen

Extra aus Potsdam war die Ocean Group des weltberühmten Klimafolgenforschungsinstituts (PIC) angereist, um zu erleben, wie das ist, wenn die See denkt. Desaströse Folgen sieht Regisseur Gert de Graaff voraus. Auf Nachfrage verwies er mangels Fußnoten auf www.DeZeediedenkt.nl. Denn was wird passieren? Das Große Wasser macht sich in seinem Film Illusionen und denkt, es sei ein Baum. Graaff wird in seinem Film darüber manisch und depressiv zur selben Zeit, die jungen PIC-Forscher lachten, denn die schöne Illusion ist folgenlos. Wasser und Baum kann man ins ökologische Gleichgewicht kriegen. Aber was für Folgen wird „De Zee die denkt“ für den Zuschauer haben, der sich Illusionen über das Panorama-Programm macht? Noch in der Nacht beschlossen wir, das PIC-Programm auf Filmeguckenfolgenforschung auszudehnen. Oder: Wie schützt man sich vor unerwünschten Festivalnebenwirkungen?

Rod Steiger, Star in Dieter „Yello“ Meiers „Lightmaker“, machte es im Kino so: Als der Abspann einsetzte, sprang er vor meinen Augen auf und rannte aus dem Zoo Palast. Jetzt war es passiert. Kein Rod Steiger vor dem Vorhang. „Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste, und dann die Stufen hoch zur Bühne“, bat Regisseur/Hauptdarsteller/Produzent Meier verlegen um Verständnis.

Alle dachten sich, was Steiger sich gedacht hatte. Hatte doch der Film vorher über sich gesagt, was ich nicht zu schreiben gewagt hätte: „We are doped. You are loosing control.“ Ja. Der „Lightmaker“, diese stummfilmmäßige Light-&-Noise-Show, war eine Katastrophe, ein total verkantetes Unikum, irgendwo zwischen Wenzel Storch, falls Sie den kennen, und, mit Verlaub, Ulrike Ottingers Kostümüppigkeiten.

Und jetzt immer wieder: „Hahahaha“, trumpfen die Lightmakerbösewichter schwer chargierend auf, eine geschlossene Gesellschaft beim übereifrigen Weihe- und Mysterienspiel. Unglaublich das, auf der Großleinwand, ich fass das nicht, total verrückt. Ob nun schräg oder unschräg gedacht, egal, Rod Steiger hätte meinetwegen ruhig bleiben können, ich guck mir auch auf der Straße lieber einen durchgeknallten Typ an als diese Leute, die man immer verwechselt. Fazit also: prima desaströse Ästhetik. Und total professioneller Bruch.

In „Lightmaker“ wird schwer geschauspielert, rezitiert, musiziert und geschritten, wir können getrost einen Link aufmachen zu „Le roi danse“, wo nichts passiert, außer dass es von absoluter Perfektion ist. Das 17. Jahrhundert wird zeitlich vom 21. und örtlich von Köln aus fokussiert, der Abspann bedankt sich bei Dieter Kosslick, ich bin beeindruckt, die Ausstrahlung bei Canal+ usw. ist gesichert. Der tanzende König, das ist Kunst und Ware zugleich. Der Auswertung steht der Weg offen. Die Zuschauer sind neugierig. Nach der Vorstellung fragte einer nach dem anderen, ob das alles wahr ist, was der Film erzählt. Damit wir an die Wahrheit glauben können, glauben, glauben. Regisseur Gérard Corbiau auf historischer Mission? Dann lieber zurück zu Yellomeier.

So richtig schön perfekt, glatt, sauber und unanstößig schnurrte auch „Le fate ignoranti“ daher, der völlig unproblematische Problemfilm. Die Freuden der schwulen Welt werden heterokompatibel, alle sind lieb, auch für Aids gibts jetzt tolle neue Medikamente. Juchhu!

Ja.ja.ja. Zu viele der Jas machen mich aggressiv. Zwar würde ich eventuell nicht zuschlagen, wenn mir so ein beflissen Freundlicher über den Weg liefe. Aber ich kann Schwein gut verstehen, dass er in der heilen Diskowelt den Hammer rausholt. Der junge Ire legt sich mit der Karaoke singenden IRA-Vätergeneration an: „Sollen die sich selbst in die Luft sprengen.“ „Disco Pigs“, der Debütfilm von Kirsten Sheridan, ist mein Favorit für den Panorama-Publikumspreis. Und Ostermeier soll sich den Film ansehen. In seiner Theaterinszenierung hatte er die beiden Dasteller Richtung Naturalismus inszeniert; der Film lässt sie dagegen Monologe sprechen. Das kommt richtig gut. Der Film „Disco Pigs“ ist das bessere Theater.

Übermorgen dann weiteres aus dem manisch-depressiven Formenkreis von

DIETRICH KUHLBRODT

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