piwik no script img

Kirche bleibt im Dorf

Auch nach dem 2:0-Sieg bei Energie Cottbus will beim SC Freiburg niemand über das Saisonziel Uefa-Cup reden

COTTBUS taz ■ Zu guter Letzt war dann doch noch die Zeit gekommen, ein paar Nettigkeiten auszutauschen im Stadion der Freundschaft. Der Cottbuser Trainer Eduard Geyer fand es also richtig prima, dass der Kollege, wie Geyer selbst, beständig am Spielfeldrand mitackert – und dabei auch schon mal auf die Regeln pfeift und die ihm vom DFB zugeteilte Coaching-Zone eigenmächtig verlässt. Und auch Volker Finke wollte ob solch großem Verständnis für seine Arbeit am Seitenaus noch ein paar warme Worte anfügen. „Dafür wünsche ich euch den Klassenerhalt“, sprach der Freiburger Trainer denn zum Abschied.

Das Aufeinandertreffen von Cottbusern und Freiburgern auf dem Rasen war zuvor weit weniger harmonisch über die Bühne gegangen. Viele Nickligkeiten hatte es da gegeben, insgesamt sieben gelbe Karten, eine klaffende Wunde am Fuß von Freiburgs Coulibaly, einen Elfmeter für Cottbus und, schließlich entscheidend, zwei Tore für die Gäste. Das alles hatte einen Teil der Energie-Fans derart erzürnt, dass Freiburgs Schlussmann Richard Golz es hernach für angeraten hielt, die fälligen Interviews unter schützendem Dach abzuhalten, weil durchaus nicht gesichert schien, dass neben all den bösen Worten nicht auch noch andere Dinge über den Maschendrahtzaun fliegen und Golz doch noch kassieren würde, was ihm zuvor erspart geblieben war: einen Treffer.

Wieder einmal, muss man im Fall Golz mittlerweile anmerken, obwohl von den Cottbuser Stürmern durchaus stark und dauerhaft unter Beschuss genommen, einmal gar aus elf Metern. „Das war die Krönung“, fand der SC-Keeper selbst – und meinte damit ebenjenen von ihm gehaltenen Strafstoß in Minute 67, der den Ausgleich für Cottbus bedeutet hätte, von Laurentiu-Aurelian Reghecampf allerdings allzu schwächlich getreten war.

Eine Marginalie freilich, die die seit Monaten glänzenden Leistungen des SC-Keepers keineswegs schmälern kann. 474 Spielminuten ist Golz nun schon ohne Gegentreffer, in den 22 Ligaspielen dieser Runde musste er überhaupt erst 21 Mal hinter sich greifen, so selten wie kein anderer Torwächter der Liga. Das hat den Vereinsrekord der sonst eher durch ihren Offensiv- (schön)geist bekannten Freiburger nicht nur auf zehn Erstligapartien ohne Niederlage in Folge geschraubt, sondern die Mannschaft in tabellarische Gefilde befördert, in denen zwangsläufig nachgefragt wird, wann der SC denn nun endlich ganz offiziell einen Platz im Uefa-Cup als Saisonziel ausrufe.

Volker Finke begegnet solchem Begehr mit stoischer Ruhe. Nach wie vor inständig bittet der SC-Trainer darum, „die Kirche doch im Dorf zu lassen“. „Meine Spieler sind so jung, die können doch noch gar nicht stabil sein“, weiß der Studienrat a.D. Dass ihm als Beleg hierfür ausgerechnet der erste Durchgang in der Lausitz diente, ist keineswegs Koketterie. „Da hätten wir schon so weit hinten liegen können, dass in der zweiten Halbzeit nichts mehr geht“, musste Finke zu Protokoll geben, weil Cottbus, unermüdlich angetrieben von Spielmacher Vasile Miriuta, sich nun wirklich voller Energie präsentierte – und Freiburg geradezu an die Wand zu spielen drohte. Dass es zur Pause dennoch 0:0 stand, wertete Finke später als Schlüssel zum Erfolg. „Wenn man in der ersten Halbzeit so schlecht spielt und nicht hinten liegt, hat man gute Chancen, das Spiel noch zu gewinnen“, philosophierte er.

Genau so kam’s, auch weil Finke den jungen Libero Kehl in Halbzeit zwei vor die Manndecker Diarra und Kondé befehligte, um dadurch das bis dato ungleiche Kräfteverhältnis im Mittelfeld auszugleichen. Und ganz bestimmt war beim Austausch des blassen Sellimi gegen Régis Dorn zur Pause auch ein bisschen Glück dabei, weil eben Letzterer es war, der nur fünf Minuten nach Wiederanpfiff die Schlafmützigkeit der Cottbuser bei einem von Weißhaupt flott ausgeführten Freistoß zum 0:1 ausnutzte – und damit deren Niederlage einleitete. Dass Dorn in der Nachspielzeit gar noch einen Treffer nachlegte, war nur noch für die Statistik von Wert. In der werden die Lausitzer seit Samstag übrigens wieder auf einem Abstiegsrang geführt.FRANK KETTERER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen