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„Liebe taz...“ Macht das Viertel zum Museumsdorf

Betr.: „Wer bremst den Spaß“, taz-bremen vom 20.02.2001

Es geht im Beirat nicht um Spaß; es geht darum, dass im Viertel alles anders sein soll. So fordert der Beirat seit Jahren unverdrossen: “Kein Verkehr auf unseren Straßen“, eigene Reinigungstruppe (stattlich finanziert), Verbote von Restaurants und Gaststätten, Kultur statt...?“ Diese Liste ließe sich erweitern, doch das sprengt den Platz der tazbremen.

Was ist los im Beirat? Sie haben anscheinend nicht verstanden, dass auch das Viertel ein Teil Bremens ist, und dass auch in diesem Teil Menschen zu Besuch kommen, die nicht mehr das Lebensgefühl von vor dreissig Jahren haben. Die Zeit ist weiter gegangen und es gibt andere Wünsche, Erwartungen und ein verändertes Freizeitverhalten. Man geht zum Lachen nicht mehr in den Keller, und man sitzt nicht mehr in der WG-Küche und überlegt, wie die eigene Vorstellung zum Prinzip aller BürgerInnen erklärt werden kann.

Der Beirat müsste also dringend die Realität der Menschen kennenlernen. Doch warum, ist die Frage? Es lebt sich doch so behaglich in der selbstgeschaffenen Enklave. Mit „den Anderen“ die an der Schlachte sitzen, das Stadtfest gut finden und sich auf dem Bremer Freimarkt amüsieren, macht man sich nicht gemein. Das schützt die eingeübte Überheblichkeit. „Plebs“, das sind immer die anderen und die haben die gelegentlichen Ruhestörungen allemal verdient.

Vielleicht sollte der Beirat östliche Vorstadt einen Zaun um das Viertel ziehen und Eintritt verlangen. „Vergangene Zeiten“ wäre ein Slogan für das so entstehende Museumsdorf. Weil der Beirat aber gerne „dagegen“ ist, eignet sich auch „wir wollen nicht in Bremen wohnen“. Übrigens, mit dem Eintritt könnte auch die Straßenreinigung, Kindergärten und Schulen bezahlt werden. Dann wäre sie endlich da, die „Freiheit für das Viertel“.

Reimar Kunkel

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