patriotismus-streit
: BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA über die Stolzens unter den Berlinern

„Ich bin stolz, Stolz zu heißen“

Berlin ist die Stadt der stolzen Deutschen. Keine Stadt in Deutschland hat so viele Bewohner mit dem Nachnamen Stolz wie die Hauptstadt. Etwa 220 tragen diesen Namen. In Frankfurt/Main sind es beispielsweise nur 58, in München 104 und in Köln 91. Wer nun meint, dass die Berliner mit dem stolzen Namen stolz auf Pfannkuchen, Currywürste, Schultheiss oder Harald Juhnke sind, der irrt. Der Berliner namens Stolz ist in erster Linie stolz, Stolz zu heißen.

Stolz, Bruno (86): „Ich bin auf alles stolz, was kommt. Wichtig sind das Wetter und die Gesundheit. Ich bin hier geboren und liebe Berlin so wie es ist – unverändert, und dabei bleibt es.“

Stolz, Dorit (70): „Ich bin stolz, dass ich so alt werden durfte. Mir ist Deutschland gut bekommen. Ich bin hier an der Spree geboren und fühle mich wohl. Es ist einfach schön, jetzt ständig meinen Namen im Radio und Fernsehen zu hören.“

Stolz, Erich (88): „Ich bin schon 88, aber noch hellwach! Ob ich stolz bin, Deutscher zu sein? Ich bin auch Berliner und sehr stolz auf meine Heimat und auf alles, was uns hier als Bürgern geboten wird, obwohl wir den bösen Krieg verloren haben. Wie der Aufbau vor sich gegangen ist, da ist der Neid in der Welt so groß, dass wir stolz sein können, Deutsche zu sein. Ich wiederhole noch mal, ich bin stolz, nicht weil ich Stolz heiße. Ich heiße Stolz, was soll’s. Ich bin stolz, dass ich so einen schönen Namen habe von meinen Eltern und Großeltern, die nicht nationalistisch sind.“

Stolz, Felix (20): „Stolz, Deutscher zu sein, bin ich nicht. Aber ich bin schon stolz, Stolz zu heißen. Jeder reagiert auf den Namen und fragt, ob ich stolz bin, Stolz zu heißen. Die aktuelle Diskussion verfolge ich, ehrlich gesagt, nicht so sehr. Mich interessiert im Moment nur meine Wohnung, die ich renoviere. Ich bin stolz, wie ich mein Leben meistere. Im Moment mache ich nichts. Vorher war alles etwas schlimm, aber ich habe es irgendwie gepackt. Darauf bin ich stolz.“

Stolz, Heinrich (65): „Im Allgemeinen bin ich stolz darauf, Deutscher zu sein. Ich wohne seit 40 Jahren in Berlin, bin auf die Entwicklung hier aber nicht sehr stolz. Das Brandenburger Tor zum Beispiel. Ich möchte nicht, dass die mit Springerstiefeln da durchmarschieren. Ob das von rechts oder links kommt, spielt keine Rolle. Aber man muss Obacht drauf geben. Konopke und unsere Currywurst, darauf bin ich schon stolz. Ich bin aber nicht stolz, weil mein Name Stolz ist. Aber ich bin stolz, Stolz zu heißen. Ich habe alles durchgemacht. Ich war 47 Jahre bei der Polizei, seit einem Jahr in Rente. Ich habe eine Enkelin und alles. Da bin ich stolz drauf.

Stolz, Ingrid (61): „Ich bin stolz, Deutsche zu sein. Aber manchmal schäme ich mich auch, wegen der Geschichte und den Ausschreitungen, die es gibt. Ich finde die Diskussion um den Stolz auf Deutschland gut. Vielleicht kommt irgendwo unterm Strich was raus. Vielleicht. Ich fühle mich wohl in meinem Heimatland. Ich bin stolz, Stolz zu heißen. Ich bin für Gerechtigkeit, setze mich ein und gehe auch mal dazwischen. So viel Stolz habe ich schon. Und ich lasse mir auch nicht alles gefallen. Darauf bin ich stolz.“