Strafen drohen

Wundervolle Renaissance oder zermürbender Streik: Die Major League Baseball startet in die Saison

BERLIN taz ■ Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mehr als 100.000 Erwartungsvolle fanden sich ein am vergangenen Wochenende im nagelneuen Miller Park in Milwaukee. Zu feiern gab es oberflächlich zwar nur die Eröffnung eines hochmodernen Baseball-Stadions, in Wirklichkeit aber vor allem eins: Den Glauben, dass mit der neuen, 400 Millionen Dollar teuren Arena die Möglichkeit, einen Titel zu gewinnen, nach Milwaukee zurück kehrt – zumindest theoretisch.

Denn schon seit Jahren landen die Milwaukee Brewers mit schöner Regelmäßigkeit im Tabellenkeller der Major League Baseball (MLB). Das wird sich auch in der am Sonntag beginnenden neuen Saison mit größter Wahrscheinlichkeit nicht ändern. Zwar zahlt Milwaukee seinen Spielern nun 45 Millionen Dollar und damit fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr, liegt damit aber immer noch weit hinter den Branchenführern. So entlohnten die New York Yankees, der Champion der letzten drei Jahre, ihre schlagenden und werfenden Angestellten mit 114 Millionen. Im letzten Jahr besetzten exakt die acht Klubs mit der dicksten Gehaltsliste die acht Playoff-Plätze. „Schon zu Beginn der Trainingslager im Frühling gibt es keine Hoffnung für die Fans von mehr als der Hälfte unserer Klubs“, sagt MLB-Boss Bud Selig, bis vor einem Jahr Besitzer der Brewers. Auch die Pittsburgh Pirates eröffnen ein neues Hightech-Stadion und erwarten nun dank Luxussuiten und V.I.P.-Klubs höhere Einnahmen.

Trotzdem: Pittsburgh und Milwaukee bleiben die kleinsten Märkte in den USA, der Abstand zu den Klubs aus New York, Los Angeles oder Chicago bleibt unüberbrückbar. Während die Yankees 190 Millionen umsetzten, nahmen die Montreal Expos gerade mal 14 Millionen ein. „Mein Job ist es“, so Selig, „Hoffnung und Glauben wieder herzustellen. Ich kann versichern, dass dieses System verändert wird.“ Das System aber wird es so lange geben, bis eine Gehaltsobergrenze eingeführt wird wie im Basketball oder Football längst üblich. Aufgrund dieses „salary cap“ können die Milwaukee Bucks in der NBA mithalten und die Packers aus dem 100.000-Einwohner-Kaff Green Bay eine Super Bowl gewinnen.

Von solcher Chancengleichheit ist Baseball weit entfernt. Die Spielergewerkschaft ist die mächtigste und geschlossenste im Profisport – und ihr wichtigstes Anliegen ist die Verhinderung des „salary cap“. Die Fronten zwischen Teambesitzern und Spielern sind verhärtet und so drohen mal wieder Streik oder Aussperrung. Denn am 31. Oktober läuft der aktuelle Tarifvertrag aus – wenige Tage nachdem in den World Series der Meister 2001 ausgespielt wird.

Es wäre die neunte Tarifauseinandersetzung seit 1972. Die letzte dauerte 232 Tage und führte 1994 sogar dazu, dass die World Series erstmals seit 90 Jahren abgesagt werden mussten.

Ein neuerlicher Streik würde das beenden, was Selig leicht übertrieben „die wundervolle Renaissance des Baseball“ nennt. Vor allem aber würde eine weitere Auseinandersetzung das Image verfestigen, das Spieler und Besitzer eh schon in der Öffentlichkeit besitzen: Dass sich da geldgeile Millionäre mit gierigen Milliardären um den Geldbeutel des kleinen Mannes streiten. Während Alex Rodriguez von den Texas Rangers in den nächsten zehn Jahren 252 Millionen Dollar verdienen wird, haben sich die Eintrittspreise in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Der traditionelle Besuch eines Baseball-Spiels mit der ganzen Familie ist für den Durchschnittsverdiener heutzutage einfach nicht mehr finanzierbar, dem Sport bricht so seine junge Fanbasis weg. Ein Problem, das Selig bald mit einer breit angelegten Imagekampagne angehen will. Vorerst hat er den Klubbesitzern erst einmal Redeverbot erteilt. Wer sich in den Medien zu den demnächst anlaufenden Tarifverhandlungen äußert, dem drohen Strafen bis zu einer Million Dollar.THOMAS WINKLER