Londons Frühlingsluft riecht nach Finale

Arsenal schlägt Valencia mit 2:1 und wertet dies als Beweis für die Überlegenheit des englischen Fußballs

LONDON taz Der FC Valencia konnte Tony Adams’ Nase nicht verstopfen. „Du kannst das Finale fast schon riechen, wenn du so weit gekommen bist“, sagte der Kapitän von Arsenal London vor dem Hinspiel gegen die Spanier im Viertelfinale der Champions League. Als Adams schließlich in der Mittwochnacht um halb elf alleine quer durch das längst leere Highbury-Stadion nach Hause ging, hatte ein frischer Aprilschauer die milde Frühlingsluft getrübt, aber für Adams muss der Abend noch besser als zuvor gerochen haben. Endlich wieder setzte der FC Arsenal eine Duftmarke in der Champions League.

Der 2:1-Sieg über den letztjährigen Finalisten lässt dem Tabellenzweiten der englischen Premier League für das Rückspiel in elf Tagen alle Möglichkeiten offen – das ist schon mehr, als Arsenal nach der enttäuschenden Zwischenrunde mit nur zwei Siegen erwarten durfte.

Am nächsten Morgen wurde das Ergebnis noch besser, zumindest in der Londoner Zeitung Daily Express. 2:0 stand da in fetten Zahlen über einem Foto von Arsenals jubelndem Torschützen Ray Parlour. Die Zeitung hatte ein anderes Spiel eröffnet: England zwei, Spanien null, denn zur selben Zeit dehnte Leeds United mit einem 3:0-Sieg über den spanischen Meister Deportivo La Coruña seine Serie von Überraschungen ins Unheimliche aus.

Drei spanische und drei englische Klubs sind unter den letzten acht der Champions League, da wird nebenbei ein Sachstreit ausgetragen, wer die beste Liga Europas hat. „Englischer Fußball wird besser“, musste sich Valenicas argentinischer Trainer Héctor Cúper nun abringen.

Das Faszinierende dabei ist, dass es auch heute noch, da in praktisch allen Teams fünf oder mehr Ausländer spielen, so etwas wie den spanischen Fußball, den englischen Fußball gibt. Arsenal demonstrierte es in Highbury, wenn auch nur für zehn Minuten. Doch die reichten aus, das 0:1 durch Valencias beeindruckenden Verteidiger Roberto Ayala in ein 2:1 zu verwandeln.

Arsenals Spiel ist längst direkter, feiner Kombinationsfußball und nicht mehr das klassische englische Kick and Rush, aber die Kraft, die Wucht und das Tempo; die Direktheit ihrer Angriffe zwischen der 59. und 70. Minute, das war noch immer und wird es für immer bleiben: englischer Fußball.

In ihren zehn Minuten „hätten wir Valencia umbringen können“, glaubte Stürmer Thierry Henry. Sie beließen es bei einem menschlichen Strafmaß, die zwei Gegentore lassen Valencia die Chance auf Rehabilitation im Rückspiel.

Das 1:1 durch Henry nach der 59. Minute war Arsenals Katalysator. Auf einmal sprintete Flügelspieler Robert Pires mit Ball und Elan 30 Meter durch Valencias Hälfte, plötzlich jagte Ray Parlour den Ball aus 25 Metern zum 2:1 in den Torwinkel. Es war die Hölle von einem Tor.

Zum ersten Mal in 13 Champions-League-Partien kassierte Valencia diese Saison mehr als ein Tor. Doch nach Niederlagen gegen Celta Vigo und Espanyol Barcelona, die ihre Meisterchancen effektiv beendeten, droht Valencias Saison nach dem dritten Verlustgeschäft in Serie nun von der Diskussion um Trainer Cúper belastet zu werden. Der hat angeblich schon dem FC Barcelona seine Dienste zugesagt, antwortet aber auf Fragen nach seiner Zukunft nur: „Bis Saisonende bin ich in Valencia.“ Schließlich ist es zum Champions-League-Finale nicht mehr weit. Immer der Nase nach. RONALD RENG