Funktionär mit Ost-Blick

Der Chef der Kommunistischen Partei, Wladimir Woronin, ist neuer Präsident der Republik Moldau

„Die Staatsführung hat in der Vergangenheit das Land ausgeplündert, die Menschen sind immer weiter verarmt. Von ausländischen Investitionen profitiert zuallererst der Westen selbst“, sagt Wladimir Woronin. Dabei spricht der Chef der moldauischen Kommunisten leise, unaufgeregt, so als verkünde er Selbstverständliches. Dann macht er eine Pause. Die Spannung steigt, die Besucher der Wahlkampfveranstaltung kleben förmlich an seinen Lippen. Die Message kam gut an. Unter Führung von Woronin eroberten die Kommunisten bei den vorgezogenen Wahlen im Februar 71 von 101 Parlamentsssitzen. Jetzt ist der 59-Jährige ganz oben: Am Mittwoch wurde er vom Parlament in Chišinău zum Staatspräsidenten gewählt.

Er wolle neben Moldauisch Russisch als zweite Amtssprache einführen. „Dabei bin ich Moldauer“, sagt er, grinst süffisant und freut sich, all jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die den Chefkommunisten zu gerne als verlängerten Arm Moskaus und Sprachrohr der russischsprachigen Bevölkerung Moldaus abstempeln wollen.

Woronin wurde 1941 in dem Dorf Korschevo in Transnistrien geboren. Dies dürfte wohl auch einer der Gründe sein, warum er die Lösung des Konflikts um das Gebiet Transnistrien, die sich seit dem Bürgerkrieg Anfang der 90er-Jahre de facto für unabhängig erklärt hat, ganz oben auf seine persönliche Prioritätenliste gesetzt hat.

Nach jahrelanger Tätigkeit in verschiedenen Nahrungsmittelbetrieben und einem Studienabschluss als Lebensmittelingenieur am Moskauer Insitut für Nahrungsmittelindustrie 1971 widmete sich Woronin in verschiedenen Organen des Zentralkomitees der KPdSU seiner Parteikarriere. In den 80er-Jahren wurde er Mitglied des Obersten Sowjets der Sozialistischen Republik Moldawien, 1989 avancierte er zum Innenminister im Range eines Generalmajors. 1993, zwei Jahre nach der Unabhängigkeit Moldaus, gehörte Woronin zu den Mitbegründern der Kommunistischen Partei Moldaus und wurde ein Jahr später deren Generalsekretär.

Jetzt will der neue erste Mann Moldaus, der bei seiner ersten Kandidatur für das Präsidentenamt bei der Direktwahl 1996 mit 10,23 Prozent der Stimmen immerhin den dritten Platz erreichte, seinen Blick vor allem nach Osten, gen Russland, richten. Ein Referendum über den Beitritt Moldaus zur Union Russland-Weißrussland hat er bereits angekündigt. Genau wie die Einlösung seines Versprechens, langfristig den Posten des Staatspräsidenten abzuschaffen. Doch daran mag im Augenblick keiner so recht glauben. BARBARA OERTEL