: Mann. Macht. Mord.
Urteil im Wilhelmsburger Dreifachmord: Lebenslange Haft für Sven B. Gericht stellt „besondere Schwere der Schuld“ fest ■ Von Elke Spanner
Der Wilhelmsburger Dreifachmörder Sven B. wird in 15 Jahren nicht wieder in Freiheit sein. Zwar lehnte das Landgericht es gestern ab, „Sicherungsverwahrung“ nach seiner Haft anzuordnen, wie die Staatsanwaltschaft es beantragt hatte. Es verurteilte den 33-Jährigen aber nicht nur wegen Mordes an seiner Ex-Freundin und zweier ihrer Töchter zu lebenslanger Haft, sondern stellte eine „besondere Schwere der Schuld“ fest – eine Entlassung nach 15 Jahren ist damit ausgeschlossen.
Die von Sven B. begangene Bluttat, so der Vorsitzende Richter, „kommt einer Hinrichtung gleich: Der Mord war ein groß angelegter Racheakt gegenüber seiner Ex-Freundin, gepaart mit Vernich-tungswillen gegenüber deren Kindern.“ Barbara D. hatte die Beziehung zu dem Angeklagten beendet. Am 31. August drang Sven B. in ihre Wilhelmsburger Wohnung ein. Er fesselte sie und ihre drei Töchter mit Handschellen und schoss, „19 Schuss, 19 Treffer“, so das Gericht. Nur die jüngste Tochter, die elfjährige Nicoletta, konnte fliehen. Auf die beiden 14 und 15 Jahre alten Töchter und auf deren Mutter zielte er unter anderem je zwei Mal in den Hinterkopf, „um sicherzugehen, dass die Frauen tatsächlich tot sind“, so das Gericht.
Der Angeklagte hatte die Tat als Gipfel eines Beziehungsdramas dargestellt. Er sei zur Aussprache in die Wohnung gegangen, habe die Frauen nur gefesselt, um in Ruhe mit ihnen reden zu können, und als Nicoletta floh, habe sich aus Versehen ein Schuss gelöst. Wie von Sinnen habe er weiter geballert. Das Gericht tat diese Version als unglaubwürdig ab. „Allein um Macht“ sei es Sven B. in seinem Verhältnis zu Frauen gegangen: „Sie hatten immer die Vorstellung, Frauen besitzen und ihr Leben bestimmen zu wollen“, hielt der Vorsitzende ihm vor. „Sie waren bei der Tat nicht getrieben von verzweifelter Liebe, sondern dem Durst nach Rache und dem Bedürfnis, Barbara D. zu demütigen.“
Dass die Tat vorbereitet war, hatte auch die Aussage der Überlebenden Nicoletta bestätigt. Die hatte gegenüber dem Vernehmungsrichter gesagt, dass Sven B. ihre Mutter seit Monaten schon bedroht und terrorisiert hatte. Vor den Schüssen hatte er angekündigt: „Jetzt mach ich euch fertig.“ Dessen Verteidiger hatten nur auf Totschlag und eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe plädiert. Eine Verurteilung wegen Mordes könne nicht auf Nicolettas Aussage gestützt werden, weil diese nur über Video in den Prozess eingeführt wurde und die Verteidigung das Mädchen nicht befragen konnte.
Sie deswegen doch noch als Zeugin zu laden, lehnte das Gericht gestern ab: Das Mädchen habe dem Vernehmungsrichter die Erlebnisse in vielen Details geschildert, die es sich nicht ausgedacht haben könne. Und die Möglichkeit der Videovernehmung sei vom Gesetzgeber gerade geschaffen worden, um kindlichen ZeugInnen den einschüchternden Auftritt vor Gericht zu ersparen.
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