: Mobutus Gespenst über Bangui
Warum halfen Kongos Rebellen dem Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik, einen Putschversuch niederzuschlagen? Weil der Putschversuch von Generälen des toten zairischen Diktators Mobutu unterstützt wurde, die in der Region umherirren
von FRANÇOIS MISSER
Präsident Ange-Felix Patassé in der Zentralafrikanischen Republik sitzt wieder fest im Sattel. Er hat den Putschversuch von Teilen seiner Armee vom 28. Mai niedergeschlagen und die Kontrolle über oppositionsnahe Viertel der Hauptstadt Bangui wiedererlangt. Bei diesem Feldzug, begleitet von einer Jagd auf Mitglieder der oppositionellen Yakoma-Ethnie, starben mehrere hundert Menschen. Patassé siegte mit ausländischer Hilfe – darunter 200 Kämpfer der kongolesischen Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung), die den an die Zentralafrikanische Republik angrenzenden Norden der Demokratischen Republik Kongo beherrscht.
Was bewog die MLC dazu, Patassé zu retten? Einige Gründe sind in der geografischen Nähe zu finden. Bangui liegt direkt am Ubangi-Fluss, der die Grenze zwischen der Zentralafrikanischen Republik und dem Kongo bildet. In der Zentralafrikanischen Republik kauft die MLC ihr Benzin, und MLC-Führer Jean-Pierre Bemba legt regelmäßig Zwischenlandungen auf dem Flughafen von Bangui ein.
„Wir haben zur Zentralafrikanischen Republik sehr gute nachbarschaftliche Beziehungen“, sagt MLC-Generalsekretär Olivier Kamitatu zur Militärintervention: „Wir kommen den Sicherheitsbedürfnissen unseres Territoriums nach. Eines der Probleme des Kongo ist, dass das Land zum Rückzugsgebiet bewaffneter Banden aus allen Himmelsrichtungen ist, die Nachbarländer destabilisieren.“
Andere Quellen aus der Rebellenbewegung sind präziser. Demnach ging es bei der MLC-Intervention in Bangui vor allem darum, zu verhindern, dass die Macht im Nachbarland in die Hände ehemaliger Mitstreiter des früheren zairischen Diktators Mobutu fällt, die mit den Organisatoren des Putschversuchs in Bangui verbündet waren.
Die „Mobutisten“ hätten geplant, nach einem Erfolg der Aktion in Bangui den Ubangi-Fluss nach Kongo zu überqueren und in Gbadolite die Macht zu ergreifen – Geburtsort des toten Mobutu und heute Hauptstadt der MLC. Sie seien auf diese Idee gekommen, nachdem Patassé ihren Vorschlag abgelehnt hätte, MLC-Führer Bemba bei einem seiner häufigen Aufenthalte in Bangui auszuschalten.
Mobutus frühere Generäle gingen 1997 beim Sturz des zairischen Diktators durch Laurent Kabila ins Exil und träumen seither davon, wieder Fuß zu fassen. Als die MLC 1998 mit ugandischer Unterstützung als eine von mehreren Rebellenbewegungen gegen Kabila entstand und begann, den Norden des Kongo und damit Mobutus Heimatregion zu erobern, witterten einige Mobutisten ihre Chance – die Familie des MLC-Führers Bemba war unter Mobutu zu einer der reichsten Zaires aufgestiegen. Mobutus einstiger Sicherheitschef Jean Seti Yale platzierte einen seiner Anhänger, den halb kongolesischen und halb iranischen Jean Mirow, in Bembas Entourage, um die MLC zu manipulieren.
Aber die Rebellen wehrten sich. Bemba erklärte die Führer der „Mobutisten“ – neben Seti Yale sind das Exzivilgardenchef Baramoto, Expräsidentengardechef Nzimbi und Expremierminister Kengo wa Dondo – zu unerwünschten Personen in seinem Gebiet. Letztes Jahr sagte Bemba der taz: „Es kommt nicht in Frage, dass sie wiederkommen und hier mit ihren Dummheiten wieder anfangen.“
Dass sich die führenden Mobutisten nach dem Bruch mit Bemba der Zentralafrikanischen Republik zuwandten, ist logisch. Einige von ihnen gehören zur Yakoma-Ethnie, aus der auch der frühere zentralafrikanische Präsident André Kolingba stammt, welcher als Chef der Putschisten von Bangui verdächtigt wird.
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